Pflegeheim Haus Dottendorf Die Lichter gehen endgültig aus

BONN · Die Hiobsbotschaft kam gestern Nachmittag: Jetzt müssen auch die noch verbliebenen 30 Bewohner das Seniorenwohnzentrum Haus Dottendorf verlassen. Sie sollen noch heute in andere Pflegeheime verlegt werden. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) und die städtische Heimaufsicht haben nach intensiver Prüfung entschieden, das Heim zu schließen, teilte Elke Palm vom Presseamt der Stadt Bonn mit.

 Immer wieder fahren Angehörige der Bewohner am Haus Dottendorf vor und informieren sich über den aktuellen Stand der Prüfungen im Seniorenheim.

Immer wieder fahren Angehörige der Bewohner am Haus Dottendorf vor und informieren sich über den aktuellen Stand der Prüfungen im Seniorenheim.

Foto: Horst Müller

Der MDK wird zudem den Versorgungsvertrag mit dem Betreiber des Hauses, der Dortmunder Senator GmbH, kündigen. Von der Senator GmbH war zur Komplettschließung ihres Heimes in Bonn keine Stellungnahme mehr zu erhalten.

Mitarbeiter des MDK waren seit Montagmorgen im Auftrag der Pflegekasse für eine sogenannte Anlassprüfung im Haus Dottendorf. Dabei stellten die Prüfer nach GA-Informationen fest, dass zwei der verbliebenen Bewohner mit der Pflegestufe 0 und 1 falsche Medikamente erhalten hatten. Außerdem sei ein Senior nachts aus dem Bett gefallen.

Wie berichtet, waren 65 Bewohner mit der Pflegestufe 2 und 3 bereits am Donnerstag wegen "gefährlicher Pflege", so der Fachjargon, auf Veranlassung der städtischen Heimaufsicht am Donnerstag und Freitag in einer Hauruck-Aktion in andere Häuser in Bonn und auch außerhalb der Stadt verlegt worden. Hinter dem Ausdruck "gefährliche Pflege" verbirgt sich unter anderem eine unzureichende Pflege der vielfach bettlägrigen und an Demenz erkrankten Senioren und eine mangelhafte Dokumentation der pflegerischen und medizinischen Betreuung.

Im Zusammenhang mit der plötzlichen Teilräumung des Seniorenwohnzentrums haben auch Polizei und Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen: Es besteht in zwei Fällen der Verdacht der fahrlässigen Tötung. Bei den Toten handelt es sich nach GA-Informationen um zwei Männer im Alter von 70 und 75 Jahren. Sie sollen falsche Medikamente gespritzt bekommen haben. Detailliertere Angaben konnte Monika Volkhausen gestern noch nicht machen. "Wir ermitteln noch", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Wie berichtet, ist der MDK ein Gutachterdienst, der unangemeldet regelmäßig die Qualität von Heimen prüft. Dabei werden Bewohner aller Pflegestufen zufällig ausgewählt, die mit den Überprüfungen ihrer Betreuung jedoch einverstanden sein müssen. Im vergangenen Frühjahr hatte das Haus Dottendorf dabei noch mit einer glatten Eins abgeschnitten.

Als im Herbst die Pflegedienstleitung wechselte, wurde das Haus entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erneut überprüft, so Palm. Dabei wurden kleinere Mängel in der Pflegedokumentation festgestellt, die allerdings schnell behoben wurden. Aufgrund von Beschwerden - unter anderem war nachts keine pflegerische Fachkraft im Haus Dottendorf zugegen - schaltete die Heimaufsicht sich erneut ein. "Seit Anfang des Jahres waren wir dann täglich im Haus vertreten, haben das Personal beraten und Anordnungen getroffen", sagte Palm. Weil bis heute keine Besserung festzustellen gewesen sei, müsse das Haus geschlossen werden. Die Bewohner sollen ab heute Morgen mit Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes in andere Seniorenheime umziehen. Welche Häuser noch freie Kapazitäten haben, konnte Palm noch nicht sagen. Die Angehörigen seien gestern Abend von der Schließung in Kenntnis gesetzt worden, sagte sie.

Nach Angaben von MDK-Sprecherin Barbara Marnach hat man bei der gestrigen Anlassprüfung die Pflege von zwei Senioren näher untersucht und dabei Mängel festgestellt. Ohne die gestrige Entscheidung zur Schließung, wäre die Prüfung weitergegangen.

Geschlossene Seniorenpflegeheime

In Bonn sorgten in den vergangenen Jahren drei Seniorenpflegeheime wegen Schließungen für Aufsehen. Die Senator GmbH Dortmund hatte das Haus Dottendorf im Juni 2011 übernommen. Zuvor hatte die Betreiberin des Seniorenheimes, die BonneVie Dottendorf GmbH, das Haus geschlossen und den Betrieb in das ehemalige Sankt-Agnesstift in Bonn-Castell verlegt. Doch es lief nicht alles glatt: Es habe eine „katastrophale Übergabe“ gegeben, sagte der damalige Sozialamtsleiter Dieter Liminski.

Nur ein halbes Jahr später hat die Berliner Pflegewerk GmbH das einstige Agnesstift übernommen. Der ursprüngliche Träger des Stifts, die Diakonie Michaelshovens, hatte das Haus 2009 aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. Auch eines der traditionsreichsten Altenheimen Bonns musste schließen: Der Träger des Endenicher Paulusheims, die katholische Alexianer-Bruderschaft, verlegte im vorigen Jahr nach massiven Bürgerprotesten den Pflegebetrieb in einen Neubau nach Troisdorf. Im Paulusheim wohnen heute Flüchtlinge.

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