Vierte Integrationskonferenz in Bonn Teilhabe für Flüchtlinge von der ersten Minute an

BONN · Die Themen Flüchtlinge und EU-Zuwanderer, die Rolle der Religionen und gewaltbereiter Salafismus, aber auch Rassismus und Diskriminierung mobilisieren in Bonn immer mehr Menschen. So konnte sich die Stadt bei ihrer vierten Integrationskonferenz am Freitag im Alten Rathaus kaum vor Anmeldungen retten.

 Coletta Manemann (links), Gabriele Klingmüller und Staatssekretär Thorsten Klute. FOTO: FROMMANN

Coletta Manemann (links), Gabriele Klingmüller und Staatssekretär Thorsten Klute. FOTO: FROMMANN

Foto: barbara frommann

"Ich sehe hier Vertreter aller Gruppen der Stadtgesellschaft miteinander diskutieren, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen", sagte Bonns Integrationsbeauftragte Coletta Manemann. In den acht Workshops wurden nicht nur Solidaritätsbekundungen ausgetauscht, es ging richtig zur Sache. Die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen laufe in Bonn aktuell wirklich gut, hatte Gabriele Al-Barghoui von der Caritas zur Freude der Verwaltung konstatiert. "Aber einiges hat uns überrollt. Wir sind alle von der großen Zahl der Flüchtlinge überfordert", gab die Fachdienst-Mitarbeiterin zu. Viele neu Hinzugekommene müssten sich deshalb "wie Nussschalen auf hoher See" fühlen, obwohl man ja eine enorme Mobilisierung an Solidarität auch aus der Bevölkerung verzeichnen könne.

Der Fehler liege für sie in den strukturellen Gegebenheiten: Es vergingen für Flüchtlinge oft wertvolle Jahre, bis Ausbildung und Beschäftigung beginnen könnten. "Integration muss von Anfang an laufen. Jeder Flüchtling muss sofort Alltagskompetenz aufbauen können", forderte Al-Barghoui. Zustimmung fand sie bei Almut Schubert von der evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit. "Flüchtlingskinder müssen so schnell wie möglich in Schulen. Dafür müssen unsere Schulen flexibler reagieren und sich weit mehr öffnen", sagte Schubert.

Carmen Martinez-Valdes vom Verein Ausbildung statt Abschiebung, der derzeit 20 allein geflüchtete Jugendliche sprachlich auf die Schule vorbereitet (der GA berichtete), nannte alarmierende Zahlen: Seit Monaten fehlten in Bonn für 50 Kinder der Sekundarstufe I, also bis 15 Jahre, Schulplätze, sowie für 30 Jugendliche der Sekundarstufe II, also ab 16 Jahre. "Bildung, Teilhabe und Partizipation muss es in Bonn aber auch für diese 80 jungen Leute, also von der ersten Minute ihres Aufenthalts an, geben", forderte Martinez-Valdes unter großem Beifall.

Auf dem Ausbildungssektor sei Bonn dank verschiedener Ratsbeschlüsse aber Vorreiterstadt. Die jungen Flüchtlinge erhielten eine Chance, lobte sie dann. "Hilfen müssen aber auf Augenhöhe gegeben werden. Und Bonns Ausbilder sollten ruhig etwas mutiger werden und es mit diesen jungen Leuten probieren." Zudem würde sie sich für Bonn - vergleichbar mit Köln und Düsseldorf - endlich ein Therapiezentrum für traumatisierte Menschen wünschen.

Oft sei es ganz einfach, junge Flüchtlinge zu integrieren, sprach Carmen Martinez-Valdes die Vertreter von Vereinen und Organisationen im Workshop selbst an. Etwa im Fußballverein: Da kickten die Flüchtlinge sofort wie selbstverständlich in der Mannschaft mit. "Mein Appell geht an die anderen Vereine: Richten Sie keine Extragruppen für Flüchtlinge ein, sondern integrieren sie sie. Ohne Wenn und Aber."

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