Margarete Gräfin von Schwerin Streiterin für Gerechtigkeit

BONN · Im großen hellen Büro von Landgerichtspräsidentin Margarete Gräfin von Schwerin lädt eine moderne und bequeme Sitzgruppe zum Niederlassen ein. Ein passendes Ambiente für eine Frau, der Kommunikation ein wichtiges berufliches und privates Anliegen ist - ganz gleich, ob es um organisatorische Gespräche mit den Mitarbeitern "ihres" Gerichts geht, um Informationsaustausch mit Anwälten und Staatsanwälten, erklärende Worte an Kläger und Beklagte oder einen Plausch zwischen Mutter und Tochter.

Ihr Büro ist für Margarete Gräfin von Schwerin auch und vor allem ein Ort der Kommunikation.

Ihr Büro ist für Margarete Gräfin von Schwerin auch und vor allem ein Ort der Kommunikation.

Foto: Nicolas Ottersbach

Darlegungen, Entgegnungen und Plädoyers haben viel mit geeigneter Ausdrucksweise zu tun, schon früh faszinierte das die junge Margarete an der Rechtswissenschaft: "Das Kämpfen mit Worten, das Auseinandersetzen in intelligenter, eloquenter Form erschien mir eine besonders interessante Herausforderung zu sein", erinnert sich die 62-Jährige, die Bonn vor 40 Jahren erst zu ihrem Studienort und dann zu ihrer Heimat gemacht hat.

Intelligenz und Wortgewandtheit hatten sicher ihre Anteile daran, dass aus der Jurastudentin von 1974 im Laufe der Jahre eine engagierte Richterin, die Vizepräsidentin des Landgerichts Aachen, später des Kölner Oberlandesgerichts und seit 2010 die Bonner Landgerichtspräsidentin wurde.

Aber auch das Hineinranken ihrer Wurzeln in eine alte preußische Adelsfamilie mit wachem Bewusstsein für Disziplin und Bescheidenheit und ihre ständigen als Bereicherung empfundenen Ortswechsel während der Zeit des Heranwachsens dürften dazu beigetragen haben. "Ich bin immer wieder in andere Welten versetzt worden. Und ich bin überzeugt davon: Je mehr man im Leben steht, je mehr man erlebt und Kontakte gepflegt hat, desto besser kann man später auch die Menschen und ihre sozialen Situationen einschätzen."

Zu Beginn ihrer Laufbahn als Richterin hatte von Schwerin den späteren Vorsitz über eine große Strafkammer angestrebt, doch dann führte ihr Werdegang in Richtung "Management". Inzwischen bestimmt Organisatorisches weit über die Hälfte ihrer Arbeitszeit. "Das macht mir viel Freude", versichert sie lächelnd, "aber ich bin froh, auch noch richterliche Aufgaben zu haben."

Gerechtigkeit zwischen Menschen herzustellen, die dazu selbst nicht in der Lage seien - so beschreibt die zugleich durchsetzungsstark und aufgeschlossen wirkende Juristin eine dieser Aufgaben. Es stimmt sie zufrieden, wenn es glückt, Streitparteien zu einem Vergleich zu führen oder ihre Mitbürger von der Sinnhaftigkeit eines soeben gefällten Urteils zu überzeugen. "Häufig gelingt das auch - aber natürlich nicht immer."

Von Schwerin mag Bewegung. Nicht nur beim regelmäßigen Gruppen-Joggen durch den Ennert vor ihrer Niederholtorfer Haustür, sondern auch im eigenen Kopf. Mit ihrer 26-jährigen Tochter, die sich gleichfalls zum Jurastudium entschlossen hat und gerade ihr Referendariat in Köln absolviert, diskutiert sie gerne und häufig. "Sie ist mein Korrektiv", sagt sie mit leisem Stolz.

"Das war schon immer so. Als sie klein war, ging es mehr um meine Kleidung - heute hinterfragt sie meine Überzeugungen und politischen Einstellungen." Seit Beginn der töchterlichen Grundschulzeit musste von Schwerin Beruf und Privatleben als Alleinerziehende meistern. Das war in den frühen 90er Jahren, noch ohne organisatorische Unterstützung durch die öffentliche Hand, nicht immer leicht. "Ein großes Auto oder längere Urlaube waren nicht drin", denkt die heutige Präsidentin daran zurück, "eigentlich habe ich damals alles, was zur Verfügung stand, in Kindermädchen investiert."

In ihren Mitarbeiterinnen-Gesprächen macht sie jungen Frauen Mut, auch als Mütter das berufliche Fortkommen nicht aus den Augen zu verlieren. "Das sind ein paar harte Jahre der Doppelbelastung - aber bereut habe ich sie nie." Als die erwachsene Tochter vor anderthalb Jahren den Haushalt in Richtung eigenes Leben verließ, war das - wieder einmal - der Beginn eines neuen Kapitels in der Biografie der energischen Selfmadefrau. Zum Glück verbindet Mutter und Tochter mit dem Reiten ein Hobby, das sie in ihrer Freizeit immer wieder zusammenführt - ihr gemeinsames Pferd steht in einem Ettenhausener Stall. Auch mit der Anschaffung eines Hundes liebäugelt die Tierfreundin - nach der Pensionierung. Die scheint im Hinblick auf ihre energiegeladene Arbeitsfreude allerdings noch in weiter Ferne zu liegen.

Typisch bönnsch

Das sagt Margarete Gräfin von Schwerin über Bonn:

  • An Bonn gefällt mir... die lockere und gelassene Lebensart seiner Bewohner.
  • Ich vermisse... gar nichts. Trotz längeren Nachdenkens fällt mir wirklich gar nichts ein, was hier fehlt.
  • Mein Lieblingsplatz... ist die Hofgartenwiese, weil sie so eine akademisch geprägte Atmosphäre hat und gleichzeitig ein Ort der Entspannung ist.
  • Typisch bönnsch... ist, dass man Dinge gelegentlich etwas zu lange auf sich zukommen lässt, statt frühzeitig zu entscheiden - zum Beispiel beim Festspielhaus. (Gerlind Schabert)
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