Grünanlagen in Bonn Stadt will 74 Grünflächen aufgeben

BONN · Die Grünanlagen haben für Bonn eine zentrale Bedeutung: Die zahlreichen Parks und innerstädtischen Grünflächen tragen nicht unerheblich zur Wohnzufriedenheit der Bevölkerung bei. In Zeiten knapper Kassen stehen Erhalt und Pflege vieler kommunaler Flächen aber offenbar auch auf dem Prüfstand.

 Pflegeschnitt in der Rheinaue: André Ginster und Monika Kaiser stutzen den Ahorn im Japanischen Garten.

Pflegeschnitt in der Rheinaue: André Ginster und Monika Kaiser stutzen den Ahorn im Japanischen Garten.

Foto: Leif Kubik

Die Stadt hat ein neues Konzept zur Grünflächenpflege erarbeitet. "Eine immer größer werdende Schere zwischen der zunehmenden Bedeutung von öffentlichen Grünflächen im urbanen Raum als weicher Standortfaktor (...) und der prekären Haushaltslage macht es erforderlich, sich intensiv mit der vorhandenen Struktur, Funktion und Nutzerorientierung der städtischen Grünflächen auseinanderzusetzen", heißt es zu Anfang der bereits im April vorgelegten Beschlussvorlage.

Das Ziel sei es, vor dem Hintergrund der "sich andeutenden, langfristigen prekären Haushaltslage der Stadt" die Pflege neu zu organisieren und dabei mit tendenziell geringer werdenden Ressourcen das bestmögliche Ergebnis für die Bürger zu erzielen. Mit rund 280 Mitarbeitern ist das Amt für Stadtgrün ein personalstarkes Amt - der Jahresetat beläuft sich auf rund 25 Millionen Euro. Darin enthalten sind etwa 45 Prozent Personalkosten.

Zur Effektivitätssteigerung soll nun das Grünflächeninformationssystem (GRIS) als Evaluierungstool eingesetzt werden. "Neben Baumkataster und der Erfassung der Friedhofsflächen bildet die Erfassung und Einteilung aller städtischen Grünflächen die dritte Säule im GRIS", erläutert Andrea Schulte vom Presseamt das Konzept. Um zukünftig mit diesem Steuerungsinstrument die Kosten für Pflege und Unterhalt erfassen zu können, werden alle Flächen in insgesamt vier Pflegekategorien eingruppiert: Bei Gruppe A handelt es sich um Anlagen mit repräsentativem Charakter, bei Gruppe B um Anlagen von stadtweiter Bedeutung. In Klasse C werden Grundstücke eingruppiert, die nur minimal gepflegt werden und Klasse D beinhaltet alle Flächen, die nur bei dringendem Bedarf gepflegt werden.

Der Pflegezustand vieler städtischer Grünanlagen und Freiflächen stellt aus Sicht des Amtes für Stadtgrün einen unzureichenden Standard dar, heißt es in dem Konzept. Substanzverlust sei vielerorts bereits deutlich erkennbar. Das zeige sich auch durch die steigende Anzahl der Beschwerden von Bürgern. Weil dauerhafte Pflegemängel eine Anlage innerhalb weniger Jahre so weit zerstören können, dass sie nur noch durch eine mit hohen Kosten verbundene Kompletterneuerung gerettet werden können, müsse akzeptiert werden, dass auch mit hohem finanziellem Aufwand geplante und erstellte Anlagen zukünftig nur in einer C- oder D-Pflegeklasse erhalten werden, also herabgestuft werden.

Insgesamt hat die Stadt 635 Flächen herabgestuft

Insgesamt wurden 58 Flächen herauf- und 635 herabgestuft. Auch die komplette Aufgabe einiger Flächen ist kein Tabu: 74 Flächen - insgesamt 43.217 Quadratmeter - wurden zur Aufgabe vorgeschlagen. Neben Verpachtung und Verkauf kämen auch "Urban Gardening" oder Grünpatenschaften als Anschlussnutzung in Frage. Mehr als 700 private Paten, die sich überwiegend um die "Baumscheiben" genannten Beete um Stadtbäume herum kümmern, gibt es bereits heute. Über zehn Initiativen befassen sich stadtweit mit "Urban Gardening" - vom Internationalen Garten im Meßdorfer Feld bis zum Gemeinschaftsgarten Vilich-Müldorf. Bei einem "Markt der Möglichkeiten im Herbst" will die Stadt mit Initiativen und interessierten Bürgern weitere Möglichkeiten besprechen.

Die Flächen des "Grünen C" seien übrigens noch nicht evaluiert worden, teilte das Presseamt mit. Hier werde ein einheitliches Pflegekonzept in Abstimmung mit den Nachbarkommunen erarbeitet. Die Flächen am Ende der Autobahn 562, dem ehemaligen Platz der Vereinten Nationen, die wegen der hohen Kosten des Lavendelschnitts - 60.000 Euro jährlich - im Gespräch waren, sollen von der Pflegeklasse A auf B zurückgestuft werden.

Neben der Erfassung von Qualität und Quantität der Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen soll als dritter Baustein ein System von Bearbeitungskennzahlen zur Berechnung des benötigten Personals dienen. Der Umweltausschuss will die Vorlage in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause am 1. September erneut beraten: "Ich gehe davon aus, dass die Koalition einige Änderungen beschließen wird, um die Vorlage noch stärker in Einklang mit den Haushaltsbeschlüssen zu bringen", kommentierte der Vorsitzende des Umweltausschusses im Stadtrat, Christoph Jansen.

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