Arbeitsbedingungen Sprachlehrer beklagen Fronarbeit

BONN · "Bleiben Sie schön bei uns", sagte der Innenminister gestern Mittag bei einem Rollenspiel auf dem Remigiusplatz zu den Dozenten von Integrationskursen in Volkshochschule und Sprachschulen.

 Dozenten von Integrationskursen demonstrieren auf dem Remigiusplatz für bessere Arbeitsbedingungen.

Dozenten von Integrationskursen demonstrieren auf dem Remigiusplatz für bessere Arbeitsbedingungen.

Foto: Horst Müller

"Und verdienen Sie weiterhin viel Geld", fügte Stephan Pabel in der Ministerrolle unter Trillerpfeifenlärm hinzu und überreichte einer Dozentin zum Dank ein Tapferkeits-T-Shirt und ein hübsches Diplom.

Doch genau "das viele Geld" war der Knackpunkt der Aktion, die rund 50 Demonstrierenden gestern zu einer zweistündigen Niederlegung ihrer Arbeit und zum Protestzug durch die Bonner Innenstadt brachte. "Wir demonstrieren für bessere Arbeitsbedingungen in Integrationskursen. Deutsch zu lernen ist der Schlüssel zu Integration, Deutsch zu lehren darf aber nicht weiter der Schlüssel zu Armut sein", sagte Stephan Pabel, Sprecher der Bonner Lehrkräftegruppe.

Man richte sich an die politischen Entscheidungsträger, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Bundesinnenministerium, die für die Rahmenbedingungen der desaströsen Beschäftigungsverhältnisse in den Integrationskursen verantwortlich seien. "Wir arbeiten unter Verhältnissen wie Angestellte, werden aber als Honorarkräfte nur sehr schlecht bezahlt", so Pabel. Man habe dem Innenminister geschrieben. Thomas de Maizière habe nie direkt geantwortet, verwahre sich aber in der Öffentlichkeit dagegen, den Dozenten von Integrationskursen "Dumpinghonorare" zu zahlen. Deutschland sei Einwanderungsland, und gute Integration sei nur mit guten Integrations- und Sprachkursen zu bekommen, meinte Horst Lüdtke, Geschäftsführer Bonn der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Es ist ein Skandal, dass hoch qualifizierte Akademiker mit langjähriger Berufserfahrung unter diesen prekären Bedingungen arbeiten müssen." Von der Demonstration möge Richtung Bund ein Signal ausgehen. "Wir brauchen mehr Unruhe. So geht es nicht weiter. Gute Integration setzt gute Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte voraus", so Lüdtke.

Demonstranten hielten Schilder mit "Kursleiter haben Einkommen ohne Auskommen" und "Heute arm, morgen altersarm" hoch. Weitere skandierten "Wir leisten seit zehn Jahren Fronarbeit im Dienst der Integration. Deutschland feiert, wir nicht."

Der Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (SPD) sprach den Demonstrierenden seine Solidarität aus. "Die Forderungen der Dozentinnen und Dozenten sind berechtigt. Ich werde mich im Parlament dafür einsetzen." Er sehe auch eine Chance, dass im Juni im Nachtragshaushalt eine Erhöhung der Mittel für die Lehrkräfte möglich sein könnte.

Jürgen Repschläger von den Bonner Linken begrüßte die Aktion ebenfalls. Sie richte sich gegen die Bundes- und die Landespolitik. "Wer Integrationsarbeit bestellt, der muss sie auch ordentlich bezahlen." Es könne ja nicht sein, dass beklagt werde, es mangle an Integration, aber dann wolle niemand die nötigen Geldmittel zur Verfügung stellen. Von der Grünen-Bundestagsabgeordneten Katja Dörner wurde ein Grußwort verlesen.

Gewerkschaft fordert angemessene Bezahlung

Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft werden die Dozenten derzeit mit 20 Euro pro Unterrichtsstunde nicht angemessen bezahlt. Eine akademisch gebildete Lehrkraft käme so im Schnitt auf ein monatliches Nettogehalt von 990, 85 Euro. Es gebe keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- oder Pflegeversicherung, keinen Kündigungsschutz, keine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub. Deshalb fordert die GEW grundsätzlich die Festanstellung und Gleichstellung der Integrationskurslehrkräfte mit Lehrern an öffentlichen Schulen.

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