Festnahme von Terrorhelferin Lehrer: Wandel von lebenslustig zu radikal

BONN · Weil Karolina R. aus Bonn den syrischen Al-Quaida-Ableger Isis mit fast 4800 Euro unterstützt haben soll, sitzt die 25-Jährige seit Dienstag in Untersuchungshaft.

Ebenso wie die beiden anderen Festgenommenen, der 35-jährige Deutsche Fatih K. und der 26-jährige Türke Fatih I., sagte eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft auf GA-Anfrage.

Wie berichtet waren im Rahmen einer Razzia in zehn Wohnungen in Bonn, Berlin und Frankfurt am Main acht Personen verhaftet worden: Neben Karolina R., die die deutsche und polnische Staatsangehörigkeit besitzt, Fatih I., Fatih K. und fünf weitere Beschuldigte, zu denen sich die Generalbundesanwaltschaft nicht äußern wollte. Fatih I. soll die Isis als Kämpfer, nach seiner Rückkehr nach Frankfurt dann mit Sach- und Geldmitteln unterstützt haben. Fatih K. soll ebenfalls in den Reihen der Isis gekämpft und Propaganda für sie gemacht haben.

Die in Polen geborene und in Deutschland zum Islam konvertierte Karolina R. soll die als terroristische Vereinigung geltende Organisation Islamischer Staat in Irak und Syrien (Isis), die in Syrien mit Waffengewalt ein Kalifat, einen Gottesstaat, errichten will, mit Geld unterstützt haben. Die 25-Jährige soll in mehreren Tranchen fast 4800 Euro von Deutschland aus überwiesen haben.

Nur wenige Stunden nach Karolina R.s Festnahme in Bonn stellte einer der bekanntesten deutschen Islamisten, Bernhard Falk, am Montagabend die Nachricht ins Netz: "Geehrte Geschwister, seid solidarisch mit der heute verhafteten Schwester Karolina R. (Name von der Redaktion abgekürzt) und ihrem 18 Monate alten Baby." Der ehemalige Linksterrorist Falk schildert auf seiner Facebook-Seite Details, die er nicht der Pressemitteilung der Generalbundesanwaltschaft entnommen haben konnte. So ist zu vermuten, dass er die Information über die Verhaftung aus erster, zumindest aus zweiter Hand haben musste.

Ihren ehemaligen Schulleiter auf Karolina R. angesprochen, erinnerte sich dieser sofort an sie - zu auffällig war ihre Veränderung während ihrer Zeit an einer Bonner Berufsschule, wo sie Mitte 2011 ihr Abitur machte: "Sie kam plötzlich vollverschleiert in den Unterricht." Ein Lehrerkollege beschrieb ihren Wandel von einer "lebenslustigen jungen Frau zu einer, die ihre Religion streng praktizierte". Ihr Verhalten habe auf Mitschüler und Lehrer sehr befremdlich gewirkt.

Von ihren männlichen Mitschülern habe sie sich ganz zurückgezogen. "Wir mussten sie bitten, wenigstens das Gesicht offen zu zeigen, schließlich mussten wir ja erkennen können, wen wir bei der Abiturprüfung vor uns hatten", so der Schulleiter. Aus ihrer strengkonservativen Haltung zum Islam machte sie im Unterricht keinen Hehl, gab sich allerdings - anders als oft männliche Konvertiten - nicht missionarisch. Eigentlich wollte sie Erzieherin werden, "das Anerkennungsjahr nach dem Abi hat sie aber unseres Wissens nicht gemacht", so der Schulleiter, der nach 2011 nichts mehr von Karolina R. hörte.

Dass der zu 13 Jahren Haft verurteilte ehemalige Linksterrorist Bernhard Falk so schnell Details der Verhaftung im Internet darstellte, lässt den Schluss zu, dass Karolina R. in der Islamistenszene keine Unbekannte war. Der in Dortmund lebende Falk war einst einer von zwei Protagonisten der "Antiimperialistischen Zellen", die sich als Nachfolger der "Roten Armee Fraktion" betrachteten.

Im Gefängnis konvertierte er zum Islam, heutzutage ist er einer der aktivsten deutschen Propagandisten des radikalen Islams, der bei fast allen Prozessen anzutreffen ist, in denen sich Islamisten zu verantworten haben. Auch ist Falk regelmäßig bei Kundgebungen von Islamisten wie Pierre Vogel und dessen Mitstreiter Sven Lau anzutreffen, der zurzeit in U-Haft sitzt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Kämpfer für den Dschihad, den "heiligen Krieg" in Syrien angeworben zu haben.

Die Isis gilt dabei als besonders grausame islamistische Terrororganisation. Sie wird auch von Deutschland aus nicht nur finanziell und materiell unterstützt. Immer wieder reisen junge Männer nach Syrien, um sich der Isis anzuschließen. Frauen werden übers Internet aufgerufen, die Kämpfer zu unterstützen, wenn nicht mit Waffen, dann als Ehefrau: "Die Mujahidin (Gotteskrieger) sind bereit, ehrenhafte Schwestern als zweite, dritte oder vierte (Frau) anzuheiraten."

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