Risiken beim Viktoriakarree Zweifel am Einkaufszentrum

BONN · Dieser Mann glaubt an die City. "Bonn ist eine kraftvolle Stadt mit einer schönen, bunten Innenstadt", sagt Frank Wenzel, Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen, einer Kapitalverwaltungsgesellschaft der katholischen Kirche.

Sein Vertrauen in die Anziehungskraft der Fußgängerzone zwischen Friedensplatz, Altem Rathaus, Münsterplatz und Hauptbahnhof lässt sich an einer Zahl ablesen: 96,7 Millionen Euro. Das ist der Wert der zwölf Häuser, die dem Unternehmen in bester Lage gehören. Die Aachener Grundvermögen ist damit einer der größten Eigentümer in der Innenstadt.

Die jüngsten Ratsbeschlüsse hat der gebürtige Bonner Wenzel aufmerksam registriert. Den Zuschlag für das "Urban Soul" Projekt nördlich des Hauptbahnhofs mit Hotel, Büros und Geschäften sieht er positiv. "Idealerweise würde das in Kombination mit dem Maximilian-Center umgesetzt."

Das geplante Einkaufszentrum anstelle der heutigen Südüberbauung wäre aus Wenzels Sicht die Chance, eine "klaffende städtebauliche Wunde" am Bonner Loch zu heilen. Größte Hürde dabei: Projektentwickler Ten Brinke muss viele Einzeleigentümer des Altbaus unter einen Hut bringen.

Nach GA-Informationen soll wie berichtet die Billigmode-Kette Primark als Ankermieter in den geplanten Neubau einziehen. Beobachter Wenzel glaubt, dass Ten Brinkes Bemühungen die letzte Chance für das Projekt sind: "Ich fürchte, danach kommt nichts mehr."

Der Experte reagiert skeptisch

Skeptisch reagiert der Experte für Handelsimmobilien auf die Pläne für das Viktoriakarree: Dort hat die Signa-Holding des Karstadt-Eigentümers René Benko vom Rat grünes Licht für ein Einkaufszentrum erhalten, in dem 15 000 Quadratmeter Handelsfläche vorgesehen sind.

Derzeit verhandelt die Stadt mit Signa über Korrekturen an der Planung und will unter anderem die Höhe des Neubaus reduzieren. Wenzels Bedenken sind grundsätzlicher: "Das Karree drängt sich nicht als Einzelhandelsstandort auf, weil es keine Anbindung an die gewachsene Fußgängerzone und zu wenig Passantenfrequenz hat", sagt der Geschäftsführer.

"Letztlich hätte das Einkaufszentrum eine nicht integrierte Lage", so Wenzel. "Da könnte man es ebenso gut auf die grüne Wiese bauen." Am Ende werde aber zählen, ob die großen Handelsketten das Signa-Projekt annehmen.

Der Bedarf an neuen, großflächigen Geschäften ist groß

Von Peek & Cloppenburg ist bekannt, dass der Mode-Riese seit Jahren vergeblich versucht, etwas zu finden. So kommt es, dass sich in Bonn "selbst Bestseller mit 150 Quadratmetern" begnügen, wie Wenzel formuliert - Kaufkraft, Kundenfrequenz und Umsatz stimmen offenbar.

Der Mangel an geeigneten Grundstücken hat für Wenzel aber auch einen positiven Effekt: Er verbessere die Chancen für kleine, inhabergeführte Geschäfte. So habe sich etwa die Friedrichstraße in den vergangenen Jahren prächtig entwickeln können.

Unter den 40 deutschen Innenstädten, in denen die Aachener Grundvermögen investiert hat, nimmt Bonn für das Unternehmen einen Spitzenplatz ein. "Stadt und Region prosperieren", begründet Geschäftsführer Wenzel. Und die Innenstadt habe eine hohe Aufenthaltsqualität.

Beeindruckend findet er den "traditionellen Sonntagsrundlauf" der Bonner - alle Geschäfte zu, trotzdem fast alle Straßen voller Flaneure. Zu verdanken sei das auch der Kommunalpolitik, findet Wenzel. Verwaltung und Rat seien bisher sehr "sensibel" mit der City umgegangen - indem sie beispielsweise keine konkurrierenden Shopping-Center zugelassen hätten.

Die Aachener Grundvermögen würde gern noch weitere Bonner Innenstadthäuser kaufen. Ihre Strategie sei, langfristig Eigentümer zu bleiben, erklärt Wenzel. Mit Karstadt etwa hat das Unternehmen einen Mietvertrag bis 2026. Trotz der Probleme des Konzerns in anderen Städten scheint es zu laufen. Wenzel: "Der Standort Bonn ist für Karstadt sehr gut."

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