Schlechte Nachrichten vom Kämmerer Sander meldet Verschärfung der Finanzlage

BONN · Die Finanznot der Stadt hat sich in den ersten drei Quartalen des Jahres weiter verschärft. Fraktionen wollen zehn Millionen Euro bei der Stadtverwaltung sparen.

Allein die sogenannten Kassenkredite, mit denen laufende Ausgaben bedient werden, stiegen auf 755 Millionen Euro, wie aus dem aktuellen Quartalsbericht von Kämmerer Ludger Sander hervorgeht. Die Gesamtverschuldung beträgt nun 1,67 Milliarden Euro.

Bei der Gewerbesteuer flossen von Januar bis September mit 128 Millionen Euro rund elf Millionen Euro weniger in die Stadtkasse als im Vorjahreszeitraum. Bis Jahresende rechnet Sander mit einem Minus von 39 Millionen Euro im Vergleich zu den 217 Millionen Euro, die er als Gewerbesteuereinnahme eingeplant hatte.

Auf der anderen Seite hat die Stadt höhere Ausgaben bei den Sozialtransfers, beim Gebäudemanagement und dem eigenen Personal. Allein für die Beamtenbezüge und die Entgelte der Beschäftigten summiert sich die Zusatzbelastung dem Bericht zufolge auf rund zehn Millionen Euro. Insgesamt werde das Defizit der Stadt im laufenden Jahr bei 132 Millionen Euro liegen.

Schon vor Wochen hat die Verwaltungsspitze deshalb harte Sanierungsvorschläge für den Doppelhaushalt 2015/2016 veröffentlicht, der nächste Woche in den Stadtrat eingebracht wird. Einer der Kernpunkte: Eine massive Erhöhung der Grundsteuer von 530 auf 830 Hebesatzpunkte soll Mehreinnahmen von 38 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Doch dagegen zeichnet sich bei CDU, FDP und Grünen Widerstand ab - auch wenn in den Koalitionsverhandlungen noch keine endgültige Entscheidung dazu gefallen ist. "Wir sind gegen die Steuererhöhung", sagt der FDP-Vorsitzende Werner Hümmrich.

Dass die Stadt schon in den vergangenen Jahren an der Steuerschraube gedreht habe - zuletzt 2013 an der Gewerbesteuer - habe den Etat schließlich auch nicht nachhaltig saniert. Etwas zurückhaltender äußern sich CDU und Grüne. "Für uns sind Steuererhöhungen nur die Ultima Ratio", erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter Gilles. Erst mit der Haushaltseinbringung lägen alle nötigen Fakten vor. Gilles: "Ob oder in welcher Höhe wir die geplante Grundsteuererhöhung vermeiden können, wird sich erst mit der Verabschiedung des Haushalts sagen lassen."

Ähnlich sieht das Peter Finger, Fraktionssprecher der Grünen. "Wir werden die Zahlen des Kämmerers genau analysieren, um zu sehen, wie hoch die Fehlbeträge wirklich sind", sagt er. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass Sanders Prognosen oft widersprüchlich gewesen seien.

Fällt die Steuererhöhung aus, sind zusätzliche Sparmaßnahmen nötig, betont dagegen Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch. "Dann wird die Politik entscheiden müssen, ob sie den Haushaltsausgleich nicht 2020, sondern um den Preis bis dahin auflaufender weiterer Schulden erst 2024 erreichen will. Sie müsste andere Einsparungen vorschlagen, um dieses zwingend vorgegebene Ziel zu erreichen."

Kommt die Jamaika-Koalition zustande, will sie eine Steuererhöhung unter anderem durch Einsparungen in der Stadtverwaltung selbst kompensieren: Pauschal wollen die drei Fraktionen zehn Millionen Euro bei den Sachkosten aus Sanders Bedarfsanmeldung streichen.

Insgesamt 35 Millionen Euro sollen laut Koalitionsvertrag mit Maßnahmen gehoben werden, die von der Verwaltung vorgeschlagen worden sind. Zum Beispiel: knapp neun Millionen Euro durch Einsparungen beim Stadtpersonal, vier Millionen durch Erhöhung von Gebühren und Abgaben sowie eine Million durch "strukturelle Veränderungen und Gebühren" im Sportbereich. Die Kulturausgaben sollen um fünf Millionen Euro jährlich sinken, wovon allein das Theater Bonn drei Millionen schultern soll.

Welche Maßnahmen aus der Verwaltungsliste umgesetzt werden sollen, lassen CDU, FDP und Grüne offen. Unklar ist auch, ob sie einer Zentralisierung der Bürgerämter zustimmen werden - dazu wollen sie erst ein Konzept sehen. Offiziell festgelegt haben sie sich nur auf einige Punkte, die sie im Rat ablehnen wollen. Konsens scheint aber zum Beispiel darüber zu bestehen, das Kurfürstenbad aufzugeben, die Zuschüsse für das Deutsche Museum zu streichen und vier Stadtteilbibliotheken zu schließen.

Sparvorschläge, die CDU, FDP und Grüne ablehnen

Melbbad und das Freibad in Friesdorf sollen erhalten bleiben. Ennertbad und Beueler Bütt sollen nur schließen, wenn ein privater Investor für ein neues Kombibad in Beuel gefunden würde. Dann stünde auch das Frankenbad zur Disposition.

Die seit Jahren umstrittene Sportstättennutzungsgebühr lehnen die drei Fraktionen ab. Stattdessen soll geprüft werden, ob Vereine die Anlagen betreiben und warten können.

Der Zuschuss für den Offenen Ganztag an Schulen soll nicht angetastet werden. Die vorgeschlagene Zuschussreduzierung für Jugendzentren freier Träger sowie das Auslaufen der Förderung für den Jugendzeltplatz werden ebenfalls abgelehnt.

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