Bonner Rat Rolle rückwärts bei Wildtieren in Zirkussen?

BONN · Wildtiere wie Affen, Elefanten und Löwen in der Manege: Das sollte es auf städtischen Flächen in Bonn eigentlich nicht mehr geben. Im April 2012 hatte der Bonner Stadtrat einstimmig beschlossen, Zirkusse, die solche Tiere im Programm haben, von städtischen Grundstücken zu verbannen.

Doch diese Entscheidung soll nun wieder aufgehoben werden. Das geht aus einer Beschlussvorlage der Verwaltung hervor. Anlass sind offenbar Bedenken der Bezirksregierung Köln. Der vor mehr als einem Jahr gefasste Beschluss entspreche nicht der aktuellen Rechtsprechung, heißt es in der Vorlage.

Thorsten Brandstätter vom Berufsverband der Tierlehrer hatte sich bei der Bezirksregierung als zuständiger Kommunalaufsicht über das Bonner Verbot beschwert. Ob Zirkusse bestimmte Tierarten halten dürften, sei über das bundesweit gültige Tierschutzgesetzt geregelt und werde regelmäßig über die Veterinärämter überprüft. Kommunen seien nicht befugt, die Erlaubnis der Zirkusunternehmer und Tierlehrer, ihre Tiere gewerblich zur Schau zu stellen, einzuschränken - auch nicht auf den eigenen Geländen.

Das hätten auch zwei Urteile der Verwaltungsgerichte Chemnitz und Darmstadt ergeben. Die Entscheidung des Rats sei daher rechtswidrig. "Für uns ist der größte Skandal, dass solche Entscheidungen vorher offenbar nicht rechtlich nicht geprüft werden", sagte Brandstätter gestern dem GA. Die Politik lasse sich mit derlei Beschlüssen vor den "Karren radikaler Tierschützer spannen". Die grundsätzliche Kritik an Wildtieren im Zirkus kann Brandstätter nicht verstehen. Sicherlich gebe es auch unter den Zirkusunternehmern und Tierlehrern schwarze Schafe, gegen die vorgegangen werden müsse. "Generell geht es den Wildtieren in Zirkussen heute aber gut."

Der Argumentation des Berufsverbands ist die Bezirksregierung in ihrer Empfehlung an die Stadt gefolgt, ebenso die Bonner Verwaltung, die nun den Rat auffordert, den Beschluss zurückzunehmen. Für die Linksfraktion, auf deren Initiative der Beschluss 2012 gefasst wurde, wäre die Aufhebung des Wildtierverbots "ein verheerendes Signal. Dieser Tierquälerei darf Bonn jetzt nicht wieder Tür und Tor öffnen", sagt Fraktionschef Michael Faber. Die Frage nach der Abwägung zwischen Tierschutz und freier

Berufsausübung der Tierlehrer sei aber bisher nicht endgültig geklärt. Den Ratsbeschluss jetzt zurückzunehmen, sei "übereifrig". Zur Not dürfe auch einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht aus dem Weg gegangen werden.

Auch der Tierschutzverein Bonn und Umgebung kritisiert den Vorstoß der Verwaltung scharf: Eine artgerechte Haltung von Wildtieren im Zirkus sei schlicht unmöglich. Im Unterschied zu Haustieren hätten sich Wildtiere nicht im Laufe der Evolution an den Men-schen angepasst. Haltung in Käfigen und die Isolierung von Rudeltieren wie Elefanten und Nilpferden führe zu schweren psychischen Schäden. Auf die Bedürfnisse der Tiere könne im Zirkus keine Rücksicht genommen werden. Eine Winterruhe für Bären sei beispielsweise nicht vorgesehen. Auch sei selten ein spezialisierter Tierarzt in der Nähe, wenn die Tier erkrankten.

Die Empfehlung der Bezirksregierung, die Rechtslage zu dem Ratsbeschluss noch einmal zu prüfen, sei nicht als Zwang zu verstehen, sagte Oliver Moritz, Sprecher der Bezirksregierung Köln. "Die Entscheidung liegt selbstverständlich beim Bonner Rat." Morgen Abend berät der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz über die Beschlussvorlage, am Donnerstag, 18. Juli, soll dann der Rat darüber entscheiden, ob der Beschluss zurückgenommen wird.

Wildtiere in der Manege

Insgesamt 14 europäische Länder haben schon Vorschriften erlassen, um die Wildtierhaltung in Zirkussen zu beschränken. In Österreich ist sie vollständig verboten. Auch der deutsche Bundesrat sprach sich 2011 dafür aus, das Zurschaustellen bestimmter Tierarten wie Affen, Elefanten, Bären, Nashörner, Flusspferde und Giraffen in der Manege zu verbieten.

Schon 2003 hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, exotische Tiere aus Zirkusbetrieben zu verbannen. Bisher ist der Bundestag diesem Beschluss allerdings nicht gefolgt.

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