Angstraum Stadthaus Pöbeleien, Sachbeschädigung: Passanten meiden nachts das Areal

BONN · 20 Uhr am Haupteingang des Stadthauses. Nur spärlich beleuchten Deckenlampen die Passage. Gegenüber im "Stadthüsje" sitzen Männer an der Theke. Ansonsten ist hier kein Passant unterwegs.

Beim Gang um die Ecke, vorbei am Bürgeramt, das um diese Zeit geschlossen ist, stehen sie: acht junge Männer um die 20. Außerdem zwei Mädchen. Die Luft ist geschwängert vom Duft nach Haschisch. Einer der Männer gibt einen provokanten Spruch zum Besten, als ein Passant vorbeieilt. Um die nächste Ecke, auf der Plattform zum Berliner Platz hin, die nächste Gruppe. Die Männer, die eben noch die Köpfe zusammengesteckt haben, drehen sich um, als fühlten sie sich ertappt.

Abends am Stadthaus. Städtische Wohlfühloasen sehen anders aus. Angstraum trifft es eher. Schon lange ist der Außenbereich des Stadthauses mit seinen Winkeln und Gängen bei Drogendealern und ihrer Kundschaft beliebt. Noch im Mai wurden zwei Dealer zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt. Doch der Ärger bei Anliegern hält an: "Es ist schlimm hier abends", platzt es aus Raimund Nicolay heraus.

Der Friseur hat seinen Salon in der Ladenzeile neben dem Bürgeramt. Schräg gegenüber seinem Geschäft sei ein beliebter Treffpunkt von jungen Leuten, mutmaßlich aus der angrenzenden Altstadt. "Jeden Abend stehen sie dort. Die haben auch schon einiges kaputt gemacht", glaubt Nicolay und zeigt auf das demolierte Schild über der Salontür. "Da unter der Mauer werden immer wieder Drogen versteckt."

Seine Nachbarin, Annemarie Kupfer, die in der Ladenzeile Nummernschilder verkauft, bestätigt die abendlichen Partys vor ihrer Tür und berichtet von leeren Alkoholflaschen und anderem Müll, den sie morgens schon Mal vorfindet. Bedroht fühlt sie sich aber nicht von den Jugendlichen, die überwiegend Migranten seien. Der Polizei ist das Areal rund ums Stadthaus als Treffpunkt von Drogendealern bestens bekannt.

Seit die Szene im Bonner Loch nicht mehr geduldet wird, "weichen die Dealer unter anderem zum Stadthaus aus", sagt Polizeisprecher Frank Piontek. "Dorthin kommen Kleindealer oder Drogenboten, die in der Altstadt groß geworden sind." Einige von ihnen hätten auch schon vor Gericht gestanden. "Unsere Drogenfahnder kontrollieren das Areal am Stadthaus regelmäßig." In vielen Fällen seien Beschwerden von Anwohnern über Lärm, Pöbeleien und Dreck jedoch ein Fall für den städtischen Ordnungsdienst.

Und es scheint, als würden die Klagen von Anliegern etwas bewegen. "Aufgrund der komplexen Situation rund um das Stadthaus hat die Stadtverwaltung einen runden Tisch unter anderem mit Vertretern der Polizei einberufen", sagte Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann gestern dem GA. "Nach unserer Kenntnis handelt es sich einerseits um Jugendliche, die Alkohol trinken. Zum anderen halten sich auch junge Erwachsene im Bereich des Stadthauses auf, die unter anderem Drogen und hochprozentigen Alkohol konsumieren", so Hoffmann. Auch Angehörige der Drogenszene seien dort hin und wieder anzutreffen.

"Es gab in der Vergangenheit mehrere Einsätze des Stadtordnungsdienstes, unter anderem weil wir vermehrt Verunreinigungen und Vandalismus festgestellt haben." Durch Kontrollen des Stadtordnungsdienstes und der Polizei werde versucht, die Situation zu entspannen. "Der Ordnungsdienst kontrolliert täglich bis 1 Uhr nachts. Ergibt sich der Verdacht auf Straftaten, informiert er die Polizei." Behauptungen von Geschäftsleuten, die Videokameras in der Passage seien trotz Hinweisschildern nicht im Einsatz, widersprach Hoffmann. "Die Aufnahmen werden für 24 Stunden vorgehalten."

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