Und die wiegen schwer: Schwerer sexueller Missbrauch in mindestens zwölf Fällen wirft ihm die Anklage vor, darüber hinaus auch noch exhibitionistische Handlungen. Außerdem soll er die Nichte genötigt haben, indem er ihr drohte: "Sag keinem was, sonst werde ich dich schlagen oder töten." Sie habe zwar nicht geglaubt, dass er sie wirklich töte, sagte sie später, aber sie habe große Angst vor Schlägen gehabt. Also schwieg sie. Jahrelang.

Doch dann führte die theaterpädagogische Werkstatt Osnabrück auch in ihrer Schule das Stück "Mein Körper gehört mir" auf, in dem über sexuellen Missbrauch aufgeklärt wird, und auch darüber, dass niemals Kinder, sondern immer Erwachsene die Schuld tragen.

Auch Mia sah es. Doch es dauerte noch Monate, bis sie mit ihrer Mutter redete. Die zweifelte keine Sekunde an ihrer Tochter, wie nun eine von Mias Lehrerinnen im Zeugenstand erklärt. "Die Mutter war vollkommen fertig", sagt die Lehrerin, die schließlich mit Mia und ihren Freundinnen sprach - und das Gespräch auf ihrem Handy aufnahm. Diese 18-minütige Aufnahme hört das Gericht nun an.

Was darauf zu hören ist, lässt wohl niemanden im Saal kalt: Mia weint und schluchzt, sie hat große Mühe zu sprechen. Und es dauert eine ganze Weile, bis sie auf die Frage der Lehrerin, ob das, was ihr passiert sei, etwas mit dem Theaterstück zu tun habe, antwortet: "Ja", sagt das Kind und: "Ich will das nicht, aber er macht einfach weiter." Sie schluchzt noch mehr: "Ich sehe ihn jeden Tag." Der Angeklagte sitzt mit starrem Gesicht neben seinen beiden Anwälten. Der Prozess wird fortgesetzt.