Operngala in Bonn Neun Gesangssolisten aus acht Nationen begeisterten die Zuhörer

BONN · "Wach auf!" Diese Aufforderung des Theater-Chores war überflüssig. Denn bei der Operngala gab es keinen Anlass, in Konzertschlummer zu fallen. Mit dem gleichnamigen Stück aus Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" eröffnete der Chor kraftvoll den zweiten Teil. Aber wer kann schon an Schlaf denken, wenn Mord und Totschlag an der Tagesordnung sind, Gift und Dolch drohen? Und geht es mal unblutig zu, gehören Intrigen und Verrat zum Normalzustand. So ist es eben in der Oper.

 Sopran Nuria Rial singt in der Oper.

Sopran Nuria Rial singt in der Oper.

Was aber nicht nur wach hielt, sondern begeisterte, waren neun Gesangssolisten aus acht Nationen. Wenn man die großen Opernhäuser besuchen wollte, an denen diese Künstler zu Hause sind, müsste man den Globus mehrfach umrunden. Die Gala war ein internationales Spitzentreffen von Spitzenstimmen.

Mit Verdis Ouvertüre zu "Sizilianische Vesper" gaben zu Beginn das Beethoven Orchester und der schwungvolle Rani Calderon als Dirigent ihre Visitenkarte ab. Gerade in diesem Stück prallen Gegensätze aufeinander, die gebraucht werden, um Sänger vielschichtig begleiten zu können: Düsteres und Schwungvolles, Kantables und Dramatisches, sensibel verwoben.

Die Weltreise durch den Operngesang begann mit der katalanischen Sopranistin Nuria Rial. Mit einer Arie aus Telemanns "Germanicus" konnte die preisgekrönte Barockspezialistin ihre warme Stimme federnd und filigran zur Geltung bringen. Wuchtig und dramatisch hingegen gestaltete die rumänische Mezzosopranistin Roxana Constantinescu ihre Arie aus Bellinis "I Capuleti e I Montecchi".

So konnte man gespannt sein, wie zwei so unterschiedliche Stimmen "Abends wenn ich schlafen geh" aus Humperdincks "Hänsel und Gretel" zum bezaubernden Duett werden ließen. Ähnliches galt für die in Bonn engagierte Sopranistin Miriam Clark und die georgische Mezzosopranistin Ketevan Kemoklidze. Volltönend und wendig setzte Clark die Koloraturen punktgenau in einer Arie aus Meyerbeers "Die Hugenotten".

Kemoklidze bot dunkel und dramatisch eine Arie von Francesco Cilea und zeigte sich kokett auftrumpfend in Rossinis "Barbier von Sevilla". Glockenrein und wendig glänzte die moldawische Sopranistin Valentina Nafornita als Gilda aus Verdis "Rigoletto", eine Rolle, die sie in ihrem Debüt an der Mailänder Scala gesungen hatte.

Das machte den besonderen Reiz aus: unterschiedliche Stimmcharaktere auf höchstem Niveau, bei allesamt sympathischen Künstlern. So auch die Herren. Wendig präsentierte sich der italienische Verdi-Spezialist Riccardo Zanellato. Mit ausdrucksvollem Bass ließ er die Todesahnung des Banquo aus Verdis "Macbeth" düstere Gegenwart werden. Verschmitzt und launig besang er als Dr. Bartolo aus Rossinis "Barbier von Sevilla" die Wirkung der Verleumdung.

Lyrisch-expressiv hauchte der russische Tenor Alexey Dolgov Puccinis Rodolfo ("La Boheme") Leben ein und gab einfühlsam den verliebten Tor in Donizettis "Liebestrank". Kraftvoll und strahlend trumpfte der mexikanische Tenor Javier Camarena auf. Mit Temperament und Humor wurde das allbekannte "Granada" von Augustin Lara zu einem mitreißenden Kabinettstück. Und: Mit fast unglaublichem Facettenreichtum der Stimme bewies der italienische Countertenor Franco Fagioli, dass er zur Weltspitze seines Faches gehört. Das begeisterte Publikum bestätigte, was Nikolaus Harnoncourt über den Sänger sagte: "Der Countertenor, auf den ich zehn Jahre gewartet habe!"

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