Prozess vor Landgericht Bonn "Mit solch einer Explosion von Wut hatte ich noch nie zu tun"

BONN · Vor dem Landgericht muss sich ein 24-Jähriger verantworten, der den Liebhaber der Ex-Freundin in Österreich gefoltert haben soll.

 Vor Prozessbeginn: Der 24-Jährige (links) mit den beiden Mitangeklagten und den Verteidigern.

Vor Prozessbeginn: Der 24-Jährige (links) mit den beiden Mitangeklagten und den Verteidigern.

Foto: JESCHOR

Was der 24-Jährige, der sich seit Freitag mit zwei weiteren Männern vor der 3. Großen Bonner Strafkammer verantworten muss, seiner Ex-Freundin und vor allem deren neuem Partner angetan haben soll, kann nur als Folter bezeichnet werden. "Wenn man die Anklage liest, dann läuft einem ein eiskalter Schauer über den Rücken", stellt denn auch Kammervorsitzender Klaus Reinhoff gleich zu Prozessbeginn fest.

Mit gesenktem Kopf hört der 24-Jährige zu, als Staatsanwalt Ulrich Kleuser diese Anklage verliest und beschreibt, was der Bonner getan haben soll und in was er die beiden Mitangeklagten hineinzog: Weil er die Trennung von seiner Freundin nicht ertrug, soll er der 21-jährigen Studentin nicht nur ständig nachgestellt, sie bedroht und geschlagen haben, sondern er soll ihr auch mit den 28 und 22 Jahre alten Mitangeklagten nach Österreich gefolgt sein, sie und den dort lebenden neuen Freund entführt und vor ihren Augen auf bestialische Weise misshandelt und mit einem Elektroschocker gequält haben.

Terror soll im August begonnen haben

Die Vorwürfe wiegen schwer: Geiselnahme, schwerer Raub, vielfache gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Erpressung und Stalking. Im August soll der Terror für die 21-Jährige, die fünf Jahre mit dem 24-Jährigen zusammen war, begonnen haben: Er soll sie mit Kurznachrichten und Anrufen verfolgt haben, und im September soll er ihr ein Bügeleisen vors Gesicht gehalten, ihre Haare versengt und ihr gedroht haben: "Wenn ich dich nicht haben kann, soll dich keiner kriegen." Doch einen wahren Alptraum erlebten sie und ihr neuer Freund am 15. Dezember.

Da tauchte der 24-Jährige mit den Mitangeklagten plötzlich in Vorarlberg bei dem neuen Freund auf, wo er sie per Handyortung gefunden hatte. Er zerrte den neuen Freund an einer Haltestelle ins Auto, schlug und bedrohte ihn mit einer Gaspistole, holte seine Ex-Freundin aus der Wohnung und fuhr mit beiden in einen Wald. Und dort schlug er wieder und wieder mit einer Teleskopstange und Ästen auf den Mann ein, zwang ihn, sich auszuziehen, überschüttete dessen Genitalien mit Wasser und verpasste ihm Stromstöße mit dem Elektroschocker. Dass er diese Stromstöße bewusst an den Genitalien gesetzt habe, bestreitet er nun. Und gestalkt habe er die 21-Jährige auch nicht, denn damals seien sie noch zusammen gewesen. Und über seinen Anwalt erklärte er: Seine beiden Kumpels seien ahnungslos mitgefahren.

Was bloß in ihm vorgegangen sei, will Richter Reinhoff wissen: "Mit solch einer Explosion von Wut hatte ich hier noch nie zu tun. Das ist der drastischste Fall, den ich je erlebt habe." Der Angeklagte erklärte, er habe keine Antwort: "Wenn ich das wüsste, hätte ich im Gefängnis keine Psychologin aufgesucht." Er sei selbst fassungslos, denn er sei "nicht so jemand". Doch der Richter hakte nach: "Ist es nicht so, dass Sie dem Kerl mal zeigen wollten: Man nimmt mir nicht meine Freundin weg?" Ein leichtes Nicken war die Antwort. Der Prozess wird fortgesetzt.

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