Aktion des Liedermachers Heinz Ratz Mit Flüchtlingsfloß über den Rhein bei Bonn

BONN · Fließend gleiten die beiden Flöße nah am Ufer entlang. Hinter ihnen die Silhouette von Post Tower, Langer Eugen und dem Siebengebirge.

 Das Anlegen gegen den Strom des Rheins ist mit solch einem Holzfloß nicht einfach. Die Flöße gelten rechtlich als "Schwimmkörper" und heißen "Carl" und "Peter", benannt nach den Schiffsbauern.

Das Anlegen gegen den Strom des Rheins ist mit solch einem Holzfloß nicht einfach. Die Flöße gelten rechtlich als "Schwimmkörper" und heißen "Carl" und "Peter", benannt nach den Schiffsbauern.

Foto: Cem Akalin

Neben ihnen die hohe Stahlwand eines belgischen Containerschiffes, vor ihnen die "Rheinnixe", die noch rasch vor ihnen anlegen will. Wellen schwappen über die Baumstämme. Eine kurze Schrecksekunde, dann gehen schon die Arme hoch. Die Leute auf den zwei "Flüchtlingsflößen" winken den rund 100 Menschen zu, die am Anleger unterhalb des Alten Zoll auf die Gruppe warten.

"Flüchtlingsfrauen werden laut", steht auf den Planen, und "Keine Lager für Frauen", "Alle Lager abschaffen". Die Aktion, die am 14. Juli in Nürnberg startete und am 31. August in Berlin endet, wurde initiiert von dem Bonner Liedermacher, Musiker und Autor Heinz Ratz. "So eine Fahrt mit einem Floß über Main und Rhein, erweckt Aufmerksamkeit", sagt er. Und Aufmerksamkeit wollen sie erregen mit ihren Botschaften. Ratz, der schon bei früheren Aktionen mehr als 100 Flüchtlingsheime besucht hat.

"Die Zustände sind miserabel. Einem Hund garantiert das Tierschutzgesetz acht Quadratmeter Platz in einem Zwinger, diese Menschen bekommen teilweise nur 3,50 bis 5,50 Quadratmeter zum Leben, und das ohne eine Möglichkeit, sich mal zurückzuziehen", so Ratz. Besonders schwer, so der Aktivist, der vor zwei Jahren von der Bundesregierung mit der Integrationsmedaille geehrt wurde, haben es die Frauen.

"Es fehlt an Privatsphäre, sexualisierte Gewalt ist an der Tagesordnung. Alleinstehende Frauen und Frauen mit Kindern haben es besonders schwer", so Ulrike Sprenkmann von der Initiative Women in Exile & Friends, die auf einem der beiden Flöße mitreist.

Damarice Okdre aus Kenia kennt das aus eigener böser Erfahrung, was es heißt, als Alleinstehende in einem Lager zu leben. "Ja, ich habe sexuelle Gewalt erfahren müssen", erklärt sie offen. "Du kannst dich als Frau in solch einem Lager einfach nicht verteidigen." Seit etwa einem Jahr lebt sie nicht mehr in solch einem Flüchtlingslager, weil sie den Status eines anerkannten Flüchtlings hat. "Dennoch kämpfe ich für bessere Bedingungen der Frauen, weil ich weiß, wie es dort zugeht."

Der Aktion ging eine intensive Phase der Vorbereitung voraus. Jan Krüger vom Bonner Kulturnetzwerk Rhizom war dabei, als die beiden Flöße im Fichtelgebirge gebaut wurden. Die etwa zehn mal 2,50 Meter großen Flöße bestehen aus Kiefernstämmen, die auf Ölfässern befestigt sind. Auf der letzten Etappe ist Krüger selbst mitgefahren.

"Die Fässer dienen als Auftriebskörper", erklärt der gelernte Schlosser und diplomierte Biologe. "Zwei haben wohl was abbekommen. Wir haben den Schlag gespürt. Die wollen wir austauschen." Hilfe bekommen sie heute am Bonner Hafen von der Spedition Am Zehnhoff-Söns. Sie werden das Floß auskranen - unentgeltlich. Die Spende hat ihnen Bonns Pop- und Rockbeauftragter Hajo Over vermittelt.

Abends trat Ratz noch mit seiner Band Strom & Wasser auf der Bühne im Stadtgarten auf. Die Kinderaktion mit den Clowns und Artisten für Kinder im Flüchtlingsheim fand ebenfalls ausnahmsweise dort statt, denn ein Flüchtlingsheim in der Region hat ihnen den Auftritt untersagt.

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