Bürgerbefragung in Bonn Massive Kritik an Rede von Jürgen Nimptsch

BONN · Zwischen OB Jürgen Nimptsch (SPD) und dem Stadtrat gibt es wieder Zoff: Nimptsch will eine Bürgerbefragung zur städtischen Finanzlage parallel zur Bundestagswahl am 22. September durchführen. Eine entsprechende Vorlage soll jetzt Bürgerausschuss und Rat vorgelegt werden. Doch CDU und Grüne haben bereits entnervt abgewunken. Auch FDP und Bürger Bund Bonn (BBB) sind dagegen. Was meinen Sie?

 Plant eine neue Bürgerbefragung: Jürgen Nimptsch.

Plant eine neue Bürgerbefragung: Jürgen Nimptsch.

Foto: Barbara Frommann

Nach GA-Informationen hatte Nimptsch nicht einmal seinen Verwaltungsvorstand eingeweiht. Öffentlich wurde der Vorstoß, als er darüber in seiner Kanzelrede am Sonntag in der Kreuzkirche sprach. Auch die Fragen, die Nimptsch den Bürgern stellen will, sorgen in den Fraktionen für Kopfschütteln und Unmut. Nimptschs Idee: Die Stadt könnte ab 2018 bei der Oper noch einmal vier Millionen Euro sparen, die Hälfte davon in den Schuldenabbau stecken und die andere Hälfte jeweils dem Sport und der freien Kulturszene zukommen lassen.

"Wir machen zur diesjährigen Bundestagswahl keine Bürgerbefragung. Was der OB nach der Schließung der Oper noch alles an Visionen produziert, ist sein Problem. Er kann die Bürger ja persönlich am Wahllokal befragen", sagte ein sichtlich verärgerter Georg Fenninger (CDU).

Als "Spiel mit dem Feuer" bezeichnete Werner Hümmrich (FDP) den Vorstoß Nimptschs. "Nur mit großen Anstrengungen lassen sich die bereits beschlossenen Kürzungen von 3,5 Millionen Euro umsetzen. Die vorgeschlagene Verschiebung der Zuschüsse von Oper und Schauspiel in Richtung freie Kulturszene und Sport befeuert nur den Zuschussstreit untereinander", so der Bonner Liberalen-Chef.

Kritik übte auch Johannes Schott (BBB): "Wir haben den Eindruck, dass hier zurzeit eher Show gemacht wird als sachliche Politik." Der Vorschlag sei ein Schnellschuss, denn ohne eine konkrete Fragestellung und ein verbindliches Verfahren sei die geplante Befragung eine Farce.

Ähnlich sehen es die Grünen. Sie empfehlen Nimptsch ein anderes Sparpotenzial: Er solle die von der rot-grünen Landesregierung geschaffene Möglichkeit nutzen, die Kommunalwahl im Mai 2014 wieder mit der Oberbürgermeister-Wahl zusammenzulegen.

Damit könne die Stadt rund 600.000 Euro sparen, die die bisher im September 2015 geplante OB-Wahl koste. "Bei einem gemeinsamen Wahlgang könnte man mit einer höheren Wahlbeteiligung und damit mit einer besseren Legitimation für Rat und Oberbürgermeister rechnen", sagte Fraktionssprecherin Dorothee Paß-Weingartz. Ins gleiche Horn stoßen CDU und BBB.

Doch Nimptsch denkt mitnichten daran, vorzeitig sein Amt zur Disposition zu stellen. "Jeder, der 2009 an einer Kommunalwahl teilgenommen hat, wusste, dass er die Oberbürgermeister und Landräte für sechs Jahre wählt. Es muss im Leben auch noch Dinge geben, die solange gelten, wie man sich dazu verpflichtet hat. Bonn ist nicht Real Madrid, und ich heiße nicht Mourinho. Ich bin für sechs Jahre gewählt und werde auch so lange im Amt bleiben", machte der OB gestern unmissverständlich deutlich.

Dabei hatte er ein halbes Jahr vor seiner OB-Wahl 2009 noch die schwarz-gelbe Landesregierung kritisiert, weil sie die Kommunalwahl nicht gleichzeitig mit der Bundestagswahl terminierte. In einem offenen Brief beklagte er damals, das gehe nicht nur zu Lasten der Wahlbeteiligung, sondern belaste obendrein das Stadtsäckel mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 530.000 Euro .

Reaktionen auf den Theater-Vorstoß

  • Bernhard Helmich, designierter Generalintendant: "Eine Kürzung des Zuschusses um vier Millionen Euro könnte ab 2018 nur über einen sehr massiven Personalabbau in allen Abteilungen aufgefangen werden, der juristisch kompliziert und finanziell nur langfristig wirksam wäre."
  • Elisabeth Einecke-Klövekorn, Kulturrat und Theatergemeinde: "Wir sind entsetzt, dass der OB kurz vor dem Amtsantritt des neuen Generalintendanten dessen Arbeit schon in Frage stellt."
  • Ferdinand Kösters, Opernfreunde: "Wie wäre es mit dem Vorschlag, bei der Verwaltung 5 oder 10 Millionen einzusparen und hohe Gehälter für kaltgestellte Mitarbeiter und Millionenbeträge für externe Berater zu kürzen?"
  • Michael Scharf, Stadtsportbund: "Wenn es eine ergebnisoffene Diskussion gibt, die das jahrelange Festhalten an alten Strukturen beendet, in denen Sport und freie Kultur zu den Verlierern gehörten, dann würden wir diese begrüßen."

Alleingänge des OB Nimptsch

Zum Eklat im Bonner Rat kam es im Dezember 2012 , als bekannt wurde, dass OB Jürgen Nimptsch (SPD) gemeinsam mit seinem Kölner Amtskollegen und Parteifreund Jürgen Roters eine Machbarkeitsstudie zur Fusion der Opern Köln und Bonn in Auftrag geben wollte. Roters ruderte später zurück und erklärte die Sache für erledigt.

Bereits 2010 hatte Nimptsch viele Kulturfreunde vor den Kopf gestoßen, als er nach einem Spitzengespräch mit Telekom, Post und Postbank das Festspielhaus ohne Rücksprache mit den Politikern auf Eis legte und später Telekom und Postbank als potenzielle Investoren ausschieden.

Für Empörung sorgte der OB 2011, als er das Friesdorfer Freibad und das gerade erst für rund drei Millionen Euro sanierte Melbbad dem Rotstift opfern wollte. Seine Pläne, die Landtagswahl 2012 mit einer Befragung zu Bonner Themen zu koppeln, kassierten die Ratsfraktionen umgehend. Über die Stadtgrenze hinaus für großen Unmut sorgte sein Vorschlag, das Berlin/Bonn-Gesetz solle neu verhandelt werden.

Wir möchten wissen, was Sie zu dem Thema sagen. Nutzen Sie die Möglichkeit eines Leser-Kommentars.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort