CDU, Grüne und FDP wollen Koalition retten Krisengespräch der Koalitionsspitze

BONN · Ob Nordfeld, Viktoriakarree, die Übernahme der Rechtsanwaltskosten für Eva-Maria Zwiebler und Arno Hübner - die wichtigsten Entscheidungen im Stadtrat sind nicht von einer geschlossenen Jamaika-Koalition getroffen worden. Kein Wunder, wenn Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) jüngst beim Colloquium Humanum unkte, die Jamaika-Koalition gebe es ja praktisch nicht mehr.

 Die Spitzen der Jamaika-Koalition: Hans-Peter Gilles (CDU) ...

Die Spitzen der Jamaika-Koalition: Hans-Peter Gilles (CDU) ...

Foto: GA-Archiv

Eigentlich regiere eine Große Koalition die Stadt. Und SPD-Fraktionschef Ernesto Harder konnte sich nach der Ratssitzung einen schadenfrohen Kommentar nicht verkneifen: "Das war ein entlarvender Abend für die Koalition aus CDU, FDP und Grünen."

Auch bei der Entscheidung über die Bebauung der ehemaligen Stadtgärtnerei in Dransdorf entzogen sich grüne Stadtverordnete einer Stimmabgabe, indem sie den Saal verließen. Bei der Abstimmung über das Bonner Bündnis gegen TTIP oder die Abgabe von Cannabisprodukten verschafften die Grünen SPD, Linken und Piraten eine Mehrheit, bei der Ausweitung des Alkoholverbots in der Innenstadt machten einige Grüne nicht mit.

Wenn es zur Entscheidung übers Festspielhaus gekommen wäre, wäre diese auch von einer Mehrheit aus CDU, SPD und FDP getragen worden. Sieht so eine Koalition aus? "Die Frage überrascht mich nicht", sagt CDU-Fraktionschef Klaus Peter Gilles. Aber die letzte Ratssitzung dürfe kein Maßstab sein, an dem man die Koalition messen dürfe. Doch die Koalition stand in der Vergangenheit auch nicht enger, es fiel nur weniger auf, weil die Themen nicht so her ausragend waren.

Da scherte die CDU schon mal bei Beschlüssen über die Finanzierung des WCCB mit einer Erklärung aus oder mochte sich nicht so recht zu einer Entscheidung zum "Poptempel" durchringen. Immerhin haben dann fast alle den Beschluss zur Beethovenhalle mitgetragen - bis auf einen CDU-Stadtverordneten, der für den Abriss plädierte.

Gilles spielt die Differenzen im Bündnis runter: "Solche Dinge passieren eben." Immerhin habe sich die Koalition bei der schwierigen Haushaltsdebatte geeinigt. Und das zähle für ihn mehr. "Ich hätte mir auch eine einheitlichere Linie bei den großen Themen gewünscht - aber die Koalition ist deswegen nicht gefährdet." Auch Brigitta Poppe, Fraktionssprecherin der Grünen, sieht keinen Grund, die Koalition in Frage zu stellen - auch wenn es zuletzt "eine gewisse Häufung in den Spielräumen gegeben hat, wo anders abgestimmt wurde, als abgesprochen".

"Die Koalition ist ein Zweckbündnis und nicht gemacht worden, um zu fusionieren", sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Werner Hümmrich nüchtern. Ja, die Grünen würden vieles sehr emotional diskutieren und den Mindermeinungen sehr viel Raum geben. Fakt sei aber, dass die FDP die Regel in der Koalition eingeführt habe, dass jedes Thema nur einmal vertagt werden dürfe, dann aber entschieden werden müsse. "Solch einen Stillstand wie in der vergangenen Ratsperiode wollten wir nicht mitmachen", so Hümmrich.

Tatsächlich hat es am Montag ein Spitzengespräch zwischen Gilles, Hümmrich und Grünen-Sprecher Peter Finger gegeben, in dem "Optimierungsbedarf" festgestellt wurde. Nach der OB-Wahl, so einigte man sich, werden die drei Fraktionen in Klausur gehen, eine Bilanz ziehen und einen verbindlichen Plan für 2016 aufstellen.

"Die Unzufriedenheit unter den Grünen nimmt jedenfalls zu", sagt einer aus der Fraktion. Viele hielten nur noch an der Koalition fest, um wegen der anstehenden OB-Wahl keinen Koalitionsbruch zu riskieren. Außerdem stehen zum Jahreswechsel zwei wichtige Personalentscheidungen an: Die Grünen dürfen laut Absprache den neuen Planungs- und Umweltdezernenten berufen. Außerdem will ein Großteil der Grünen den Vertrag mit Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit verlängern, der zum 31. Dezember ausläuft.

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