Gruppe "Fulminant" Keine romantische Geschichte

BONN · Gruppe "Fulminant" gibt bei der Theaternacht eine Kostprobe aus dem Musical "Anatevka".

"Wenn ich einmal reich wär", singen die Frauen, stricken und falten ihre Tücher zusammen. Daneben steht Milchmann Tevje, tief in ein Gespräch mit dem Rabbi vertieft. Vorhang auf für: "Anatevka". Das 50 Jahre alte Musical wird von der Theatergruppe "Fulminant" aufgeführt.

Schauspielerin Ulrike Pyll-Heidkamp gründete die Gruppe 2004 an der Kölner Uniklinik. Heute ist "Fulminant" ein Projekt des Bonner Vereins für gemeindenahe Psychiatrie, der jährlich 1500 psychisch erkrankte Bonner unterstützt. Zwanzig von ihnen spielen mit drei Laien zusammen in "Anatevka".

Der Musical dreht sich um Probleme von Flüchtlingen. "Da das Thema derzeit so aktuell ist, fanden wir das Stück passend", sagt Theaterleiterin Pyll-Heidkamp. Anatevka ist angelehnt an den jiddischen Roman "Tewje, der Milchmann". Die Geschichte spielt um 1905 im russischen Kaiserreich, genauer im ukrainischen Schtetl Anatevka. Der Milchmann Tevje lebt mit seiner Frau und seinen fünf Töchtern in Armut.

Trotz drohender Pogrome und der Machtdemonstrationen russischer Soldaten behält er Lebensfreude und Humor. Sein traditionelles Denken wird jedoch in Frage gestellt, als seine drei ältesten Töchter andere Männer heiraten wollen, als sich Tevje für sie vorstellt. Am Ende der Geschichte verstärkt sich zudem der politische Druck des Zaren; die Juden müssen nach Amerika auswandern.

Angie, eine der Darstellerinnen, ist seit fünf Jahren bei "Fulminant" dabei. Die Bühne lenke sie ab von dem "Summen im Kopf". Theaterspielen bedeute für sie Forderung und Kreativität. "Die Texte sind nicht immer einfach, aber ich bin sehr motiviert", sagt sie. Auch Brigitte und Jörg bestätigen die stabilisierende Wirkung des Theaters. "Wir unterstützen uns gegenseitig. Sonst kreist man immer um sich selbst", sagt Jörg, der das erste Mal bei "Fulminant" dabei ist und die Hauptrolle übernimmt: Milchmann Tevje.

Ziel der Theatergruppe ist es, die Realität und die Armut der ukrainischen Bevölkerung um 1905 darzustellen. "Die Geschichte wird in Musicals immer romantisiert", sagt Theaterleiter Jürgen Pyll-Heidmann. "Wir wollen Kunst mit Dramatik verbinden." Schließlich drehe man auch keinen Dokumentarfilm. Ein gut halbstündiger Ausschnitt des Stücks soll zur Bonner Theaternacht am Mittwoch, 13. Mai, in der Universität Bonn aufgeführt werden. gls

"Anatevka" wird am Mittwoch, 13. Mai, bei der Bonner Theaternacht ab 19.30 und 20.15 Uhr im Hörsaal 17 der Universität, Regina-Pacis-Weg 5, aufgeführt. Weitere Informationen auf www.bonnertheaternacht.de

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