Interview: Gabriel Kunze, neuer Chef der Bonner SPD "Keine Schließung ohne Konzept"

Gabriel Kunze ist seit gut zwei Wochen neuer Chef der Bonner SPD. Der 34-Jährige wurde zum Nachfolger von Ernesto Harder gewählt, der nach seiner Niederlage als Bewerber für die OB-Kandidatur der SPD zurückgetreten war.

 Gabriel Kunze sucht nach intelligenten Lösungen und glaubt nicht an Holzhammer-Methoden.

Gabriel Kunze sucht nach intelligenten Lösungen und glaubt nicht an Holzhammer-Methoden.

Foto: barbara frommann

Wie fühlen Sie sich als frischgebackener SPD-Chef?

Gabriel Kunze: Prima. Mein gutes Wahlergebnis beflügelt mich natürlich zusätzlich. Ich bin mir aber auch im Klaren, dass jetzt sehr viel Arbeit auf mich zukommt. Der Posten bedeutet für mich eine große Herausforderung.

Die Bonner SPD schwächelt sichtlich nach dem schlechten Abschneiden bei den vergangenen Kommunalwahlen. Vor allem die Ratsfraktion war sich intern oft nicht mehr einig, was letztlich zur Doppelspitze führte. Was ist schiefgelaufen?

Kunze: Es gab in der Vergangenheit sicherlich die einen oder anderen parteiinternen Querelen. Ich sehe aber das auch als Ausdruck für die Diskussionsfreudigkeit innerhalb der SPD. Und wenn Entscheidungen getroffen werden, ist es so, dass wir sie dann auch geschlossen nach außen vertreten, das kenne ich gar nicht anders. Ich räume aber ein, dass es in der Kommunikation untereinander und auch mit den Bürgern in dieser Stadt in den letzten Jahren nicht so gut geklappt hat. Das wollen wir ändern. Wir müssen unser kommunalpolitisches Profil deutlicher machen, da haben wir ja auch einiges zu bieten. Aber wenn ich mich in den Ortsvereinen umhöre, merke ich eine große Geschlossenheit und den Willen, im OB-Wahlkampf gemeinsam für unseren Kandidaten Peter Ruhenstroth-Bauer zu kämpfen.

Der ja anders als einst OB Jürgen Nimptsch mit dem SPD-Logo für sich werben will.....

Kunze: Was ich auch richtig finde. Ich glaube, unser Fehler in der Vergangenheit war auch, dass wir nicht genügend klar gestellt haben, wer eigentlich die Verantwortung für die Entscheidungen in dieser Stadt in den letzten Jahren hatte. Das war doch nicht allein der SPD-Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, sondern vor allem die Ratsmehrheit aus CDU und Grüne und jetzt die Jamaika-Koalition. Ich glaube auch, dass wir als SPD den Bürgern unsere Oppositionsrolle nicht richtig vermitteln konnten.

Was sind denn aus Ihrer Sicht die größten Probleme in Bonn?

Kunze: Das sind sicherlich zuallererst die Finanzen. Anders als die Jamaika-Koalition glauben ich und meine Parteifreunde allerdings nicht, dass wir dieses Problem mit dem Holzhammer gelöst bekommen. Wir brauchen intelligente Lösungen, auf keinen Fall dürfen wir bestehende Strukturen zerschlagen.

Wie sollen die Lösungen aussehen?

Kunze: Wer die Stadtteilbibliotheken schließt, ohne nach anderen Lösungen zu suchen, ist auf dem Holzweg. Viele Ehrenamtliche wollen sich engagieren. Aber bitte im Ehrenamt und nicht als hauptamtlicher Bibliotheksträger. Also: Keine Schließung ohne Konzept! Dasselbe gilt für die Schwimmbäder in unserer Stadt. Um Steuererhöhungen werden wir wohl nicht herumkommen, das bedeutet eine moderate Gewerbesteuererhöhung und eine deutlich reduzierte Grundsteuererhöhung. Aber ich glaube auch, dass wir mit dem Land über die Verteilung der Gelder sprechen müssen.

Was wollen Sie anders machen als ihr Vorgänger Ernesto Harder, was wollen sie fortführen?

Kunze: Ich möchte zunächst einmal den von Ernesto Harder eingeleiteten Strukturreformprozess innerhalb der Partei fortführen. Das heißt, wir wollen Strukturen schaffen, damit die Mitglieder, vor allem die Jüngeren, ihr Engagement für die Partei besser mit Beruf und Familie vereinbaren können. Das könnte unter anderem bedeuten, dass wir zu allen Veranstaltungen auch immer eine Kinderbetreuung anbieten. Dann wollen wir unseren Fokus auch stärker auf die Nachwuchsförderung richten und auf Angebote, wie wir potenzielle Mandats- und Funktionsträger besser auf diese Aufgaben vorbereiten können.

Und was wollen Sie anders als Harder machen?

Kunze: Ich habe wohl einen anderen Führungsstil. Ich bin jemand, der lange zuhört, bevor er eine Entscheidung trifft. Und ich bin jemand, der die Diskussion von Themen auf breitere Füße stellen wird, als es bisher vielleicht manchmal der Fall war. Das ist auch der Wunsch unserer Ortsvereine, dabei sollen aber auch bundes- und außenpolitische Themen eine größere Rolle spielen als bisher.

Was ist denn aus Ihrer Sicht in der Bonner SPD nicht ausdiskutiert worden?

Kunze: Vor allem die großen Themen aus Landes- und Bundespolitik sind in den letzten Jahren zu wenig diskutiert worden, angefangen bei der Sozialpolitik bis hin zur internationalen Politik. Wenn die Willensbildung in einer Partei von unten nach oben läuft, dann müssen wir hier an der Basis auch diskutieren. Ich möchte dafür sorgen, dass die nötigen Orte und Gelegenheiten entstehen, die großen Themen zu besprechen. Als erstes möchte ich den AK Europa der Bonner SPD neu gründen, um ein Forum für die drängenden europapolitischen Fragen zu schaffen.

Sie verdienen als Jurastudent Ihren Unterhalt als Geschäftsführer des Kinder- und Jugendrings Bonn. Sind Sie ein Berufsjugendlicher auf dem Weg zum Berufspolitiker?

Kunze: Nein. Vorsitzender der Bonner SPD ist nur ein Ehrenamt. Beim Kinder- und Jugendring habe ich eine halbe Stelle. Ich gebe zu, dass ich mich in der letzten Zeit sehr darauf konzentriert habe und des Studiums etwas überdrüssig war. Nach dem OB-Wahlkampf werde ich aber mein erstes Staatsexamen ablegen. Was ich dann beruflich mache, werde ich sehen.

Was sind ihre vorrangigen Ziele?

Kunze: Zunächst will ich, dass unser Kandidat Peter Ruhenstroth-Bauer am 13. September Oberbürgermeister in Bonn wird. Und ich will die SPD auf zukunftsfähige Füße stellen und mit dafür sorgen, dass sie die nächsten Wahlen gewinnt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort