Oberbürgermeisterkandidaten in Bonn Kampf um das Rathaus

BONN · Die Kommunal- und Europawahl liegt keine vier Monate zurück, da rüsten sich die Parteien in Bonn wieder zum Wahlkampf. Am 13. September 2015 steht die Neuwahl des Oberbürgermeisters an.

Amtsinhaber Jürgen Nimptsch (SPD) hatte sich wie elf weitere Kollegen in den kreisfreien Städten in NRW gegen die Option entschieden, das Amt vor Ablauf der offiziellen Wahlzeit bei der Kommunalwahl am 25. Mai zur Verfügung zu stellen, sondern nutzt die Übergangsregelung. Die kommt den Steuerzahler allerdings teuer zu stehen: Allein in Bonn kostet die Trennung der Rats- und OB-Wahl mehr als 500 000 Euro zusätzlich.

Kein Pappenstiel für eine Kommune mit einem Schuldenberg in Rekordhöhe von 1,7 Milliarden Euro. Zurzeit laufen Nimptschs letzte Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung. Der 60-Jährige wird bei der OB-Wahl 2015 nicht mehr als Kandidat für die SPD zur Verfügung stehen. Als Gründe nannte er die schwere Krankheit seiner Frau und die fehlende Mehrheit im Rat.

Die große Frage: Wer wird sein Nachfolger? Oder seine Nachfolgerin? Der Kampf ums Bonner Rathaus ist voll entbrannt, obwohl die beiden großen OB-Parteien SPD und CDU noch keine Kandidatennamen preisgeben wollen.

Die CDU plant die Kür ihres OB-Kandidaten bereits Ende November. Ein ehrgeiziges Ziel. Wie schwierig offensichtlich ihre Suche nach Kandidaten ist, zeigt das Beispiel der Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher.

Sie hatte überraschend einen Rückzieher gemacht, kaum dass ihr Name an der Öffentlichkeit war. Angeblich war sie eine Empfehlung von Landesparteichef Armin Laschet, der nicht mehr länger zusehen will, dass der CDU immer mehr Rathäuser in den größeren Städten in NRW verloren gehen - wie jüngst in Düsseldorf. "Zu parteiinternen Vorgängen gibt die Landesgeschäftsstelle grundsätzlich keine Auskunft", heißt es dazu aus Düsseldorf.

Radermacher, die vor Bonn auch als OB-Kandidatin der Kölner Union gehandelt wurde, soll jetzt in Solingen als Kandidatin im Gespräch sein. Die Spitzen der Bonner CDU-Ratsfraktion, deren offene Ablehnung Radermachers mit als Grund für die Absage der Polizeipräsidentin gesehen wird, geben sich gelassen.

Es gebe immer noch mehrere, gut geeignete Kandidaten, betonen sie, ohne dass Namen fallen. Einer machte gestern dann doch die Runde: Es handelt sich um Stefan Hahn, einst Erster Beigeordneter der Gemeinde Wachtberg.

Der 46-Jährige war vor der Kommunalwahl 2009 im Kampf gegen seinen Parteifreund Theo Hüffel als OB-Kandidat unterlegen und dann als Dezernent für Soziales, Jugend, Sport, Rettungswesen und Ordnung nach Neuss gegangen.

Mit seiner Familie wohnt der studierte Verwaltungsfachmann und Jurist nach wie vor in Wachtberg. Auf seine Ambitionen als potenzieller OB-Kandidat in Bonn angesprochen, meinte er am Freitag: "Kein Kommentar".

Auch Parteichef Christos Katzidis wollte sich nicht äußern. Dabei pfeifen es die Spatzen in Neuss, einer 150 000 Einwohner zählenden Kreisstadt nahe Düsseldorf, bereits vom Dach, dass Hahn mit der OB-Bewerbung in der Beethovenstadt liebäugele. "Er gilt als sehr charmant. Er ist durchsetzungsstark und fachlich überaus kompetent", heißt es aus seinem dienstlichen Umfeld. Hahn besitze Managerqualitäten.

Manche munkeln, dass auch Bonns ehemaliger Stadtdirektor Volker Kregel wieder in der engeren Wahl sei. Er war kurz nach dem Amtsantritt von Jürgen Nimptsch nach Hamburg in den Senat gewechselt. Doch seine Kandidatur gilt eher als unwahrscheinlich, hatte er bereits vor der Wahl 2009 abgewunken.

Immer wieder fällt auch der Name von Bonns Personaldezernenten Wolfgang Fuchs. Doch auch er äußert sich dazu nicht. Die Bonner SPD will bis Februar mit der Aufstellung ihres OB-Kandidaten warten.

"Wir werden in Ruhe das Prozedere festlegen, wie wir den oder die Kandidaten finden und aufstellen wollen", erklärt SPD-Unterbezirksvorsitzender Ernesto Harder, "der Wahlkampf ist für alle noch lang genug."

Der 36-jährige promovierte Politikwissenschaftler wird selbst als heißer OB-Kandidat der SPD gehandelt, schweigt aber ebenfalls noch. Es wäre nicht die erste Kandidatur für den jungen Sozialdemokraten.

Rückblick: Im August 2008 erklärte die damals amtierende SPD-Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann, sie stehe für eine erneute Kandidatur nicht mehr zur Verfügung. Viele Parteifreunde murrten, weil Dieckmann ihre Entscheidung lange hinaus gezögert hatte. Niemand ahnte, dass nur ein Jahr später der WCCB-Bauskandal aufgedeckt und auch die OB in das Visier der Staatsanwälte geraten würde. Oder doch?

Ganz schnell präsentierte sie dann Harder, damals gerade 30, als ihren potenziellen Nachfolger. Doch Harder war vor allem den alten Kämpen in der Partei zu jung und unerfahren. Der Rest ist Geschichte. Statt Harder kandidierte der Beueler Gesamtschulleiter Jürgen Nimptsch.

Am 30. August 2009 schlug er seinen CDU-Mitbewerber Christian Dürig mit einer Stimmenmehrheit von gut fünf Prozentpunkten. Dürig galt als Verlegenheitskandidat und als einsame Personalentscheidung des damaligen CDU-Landtagsfraktionschefs Helmut Stahl.

Für viele in der Bonner SPD wäre auch Ulrich Kelber ein Top-Kandidat. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium hat eine glänzende Polit-Karriere vorzuweisen. Dazu ist er obendrein ein echtes bönnsches Gewächs, das die Politik von der Pike auf gelernt und trotzdem als Diplom-Informatiker ein Studium und Berufserfahrung vorzuweisen hat.

Der Vater von fünf Kindern sitzt seit 2000 im Deutschen Bundestag und gewann das Direktmandat in Bonn vier Mal in Folge. Bei der Wahl 2013 war sein Sieg über die bis dahin auf der Politbühne eher unbeleckte CDU-Kandidatin Claudia Lücking-Michel äußerst knapp.

Der 46-Jährige erhielt gerade einmal 1177 Stimmen mehr als Lücking-Michel. Hätte sie gewonnen, hätte dies das Aus für Kelbers bundespolitische Laufbahn bedeutet. Denn die Genossen in NRW hatten ihn nicht auf der Landesliste abgesichert, was ihn damals ziemlich ärgerte.

Der Sozialdemokrat, der sich wie alle anderen offiziell zu einer möglichen OB-Kandidatur (noch) nicht äußern will, weiß also, dass es bei der nächsten Wahl 2017 für einen Wiedereinzug in den Bundestag nicht reichen könnte.

Als OB-Kandidat dagegen hätte Ulrich "Uli" Kelber nicht zuletzt dank seines hohen Bekanntheitsgrades in Bonn vermutlich keine schlechten Karten.

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