Symposium in Bonn: Wasserrettung in Deutschland "Jeder Badeunfall ist einer zuviel"

BONN · Beim Wort "Tauchersymposium" denkt man an Freizeit - weniger an Rettung. Letzteres ist aber nicht nur beim diesjährigen 15. Treffen ein Thema, sondern war sogar der Grund, das Symposium ins Leben zu rufen. Zwischen 400 und 500 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland beim Baden in Nord- und Ostsee, in Seen und Flüssen - weil die oft ehrenamtlichen Wasserretter nicht gut genug ausgebildet sind, sagt Professor Dr. Stefan Schröder. Mit dem ärztlichen Leiter des Symposiums sprach Tina Stommel.

 Warnen nützt nicht: Trotz des Schildes wurde im vergangenen Jahr im Juli am Timmendorfer Strand in Ostdeutschland gebadet - mehrere Menschen mussten damals gerettet werden.

Warnen nützt nicht: Trotz des Schildes wurde im vergangenen Jahr im Juli am Timmendorfer Strand in Ostdeutschland gebadet - mehrere Menschen mussten damals gerettet werden.

Foto: dpa

Das Bonner Tauchersymposium wird 15 Jahre alt. Was war der Grund, das jährliche Treffen von Tauchern, Wasserrettern und Notfallmedizinern einzurichten?

Stefan Schröder: Der Anlass war ein Taucher-Unglück in der Nähe eines Steinbruchs bei Bonn - da wurde deutlich, dass die Wasserretter vor Ort zwar ihr Bestes gaben, aber viel zu wenig wussten über Rettungsmaßnahmen. Daraufhin gründeten wir das Symposium, um einen festen Termin zu haben, an dem sich die Retter austauschen, informieren und beraten können.

Zum aktuellen Symposium üben Sie genau diese Kritik erneut - hat sich denn in 15 Jahren nichts geändert?

Schröder: Wenn Sie im Ausbildungsprogramm für Rettungsdienstler den Unterpunkt 'Wasserrettung' gefunden haben, dann steht da eine Stunde zum Thema Ertrinken beziehungsweise Unterkühlen. Tauchunfälle werden nur gestreift.

Wer legt die Ausbildung fest?

Schröder: Für die professionellen Retter wird das Programm von der Bundes- beziehungsweise Landesärztekammer festgelegt. Die ehrenamtlichen Helfer erhalten ihren Ausbildungskatalog zum Beispiel vom Deutschen Roten Kreuz ...

... das in Gestalt der DRK-Wasserwacht Bonn das Tauchersymposium ausrichtet.

Schröder: Richtig, allerdings muss man sich da nach etlichen Vorgaben richten. Was sehr gut ist: Zum Bonner Symposium kommen mittlerweile auch die Bundesverbände der Wasserrettung - nach und nach wird so auf allen Ebenen das Bewusstsein für eine tiefere Wissensvermittlung geweckt.

Laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ist die Anzahl der Badeunfälle in Deutschland gesunken: 2014 waren es 392, im Jahr davor noch 446.

Schröder: Jeder Badeunfall ist einer zu viel. Und zu den offiziellen Zahlen gibt es eine enorme Dunkelziffer. Da wird dann offiziell von Organversagen gesprochen, dabei ist jemand ertrunken. Das Problem wird sich in Zukunft verschärfen, da bin ich sicher - einfach, weil Freizeitaktivitäten im Wasser immer beliebter werden, gleichzeitig aber in Schulen immer seltener Schwimmunterricht erteilt wird und immer mehr öffentliche Bäder schließen. Die Leute gehen zum Baden an Seen, in denen Schwimmen oft gar nicht erlaubt ist - und dann passiert es.

Viele Rettungshelfer in Deutschland arbeiten ehrenamtlich - sollen die Rettungsdienste mehr auf Profis setzen?

Schröder: Es werden immer mehr Profis eingesetzt, aber wir brauchen die Ehrenamtlichen. Auch weil wir in den Reihen der ehrenamtlich Engagierten zukünftige Profis finden können.

Wie sieht es denn grundsätzlich mit Nachwuchs aus?

Schröder: Schlecht. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem: Immer weniger Menschen sind bereit, Zeit und Energie für Aufgaben zur Verfügung zu stellen, die nicht entlohnt werden. Aber wir arbeiten daran, den Job des Wasserretters attraktiv zu machen. Wir wollen zeigen, dass es gut und bereichernd ist, gemeinsam zu lernen, Menschen zu helfen.

Es wird immer wieder diskutiert, dass die Wasserrettung Geld braucht, um mit modernen Gerätschaften ausgerüstet bessere Arbeit zu tun. Was halten Sie davon, die Wasserrettung den Geretteten in Rechnung zu stellen?

Schröder: Ich finde das nicht anrüchig. Man muss aber unterscheiden zwischen professioneller und ehrenamtlicher Rettung.

Wie viele Teilnehmer erwarten Sie beim 15. Bonner Symposium?

Schröder: Wir werden diesmal in Bonn über 300 Teilnehmer aus ganz Deutschland, Österreich und auch aus der Schweiz zu Gast haben. Und hochkarätige Referenten.

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