Politik in Bonn Ja zu Jamaika

BONN · Die Jamaika-Koalition steht. Die Basis von CDU, Grünen und FDP hat am Samstag auf ihren Mitgliederversammlungen dem Vertrag für das neue Ratsbündnis zugestimmt. Das 50 Seiten starke Koalitionspapier soll in den nächsten Tagen unterschrieben werden.

"Es war eine schwere Geburt." Dieser Satz fiel auf jedem der drei Parteitage und steht für den langen Verhandlungsmarathon, den sich die Vertreter der drei Fraktionen seit Ende Mai unterzogen haben. Mit den drei positiven Voten sind die Mehrheitsverhältnisse im 86-köpfigen Stadtrat geklärt, dem sieben Fraktionen, eine Gruppe und zwei einzelne Stadtverordnete angehören. Die Jamaika-Koalition kommt zusammen auf 50 Stimmen (CDU: 27, Grüne: 16 und FDP: 7) und hat damit eine solide Mehrheit. Eine große Koalition aus CDU und SPD, die mit 47 Sitzen ebenfalls eine stabile Mehrheit ergeben hätte, kam für die Union mit Blick auf die Oberbürgermeisterwahl in einem Jahr nicht infrage. Sie will den Posten zurückerobern, der in der einstigen CDU-Hochburg seit 20 Jahren fest in SPD-Hand ist.

Rund 50 Liberale, die am Morgen im Hotel Maritim getagt hatten, gaben beinahe einstimmig ihr Placet. Lediglich eine Nein-Stimme und eine Enthaltung gab es nach der gut zweistündigen Beratung, in der Partei- und Fraktionschef Werner Hümmrich ausführlich auf den Koalitionsvertrag eingegangen war. Ein Vertrag, der nur ein Konsenspapier sein könne, aber insgesamt ausgewogen sei, meinte er. "Jede Partei hat ihre Duftmarken setzen können", sagte Hümmrich. Auf die Sorge einiger Mitglieder, die FDP könnte von den bisherigen Bündnispartnern untergebuttert werden, entgegnete der Liberalen-Chef: "Wir werden uns deutlich einbringen und kein reiner Mehrheitsbeschaffer sein."

Für viele überraschend klar votierten auch die Grünen nach fast fünfstündiger Debatte im Haus der Evangelischen Studentengemeinde an der Königsstraße in der Südstadt für die Koalition. Eine Abstimmung aller Mitglieder im Saal ergab 46 Ja- und 28 Nein-Stimmen, einer enthielt sich. Die Ratsfraktion der Grünen hatte zuvor nach einem Patt bei der Abstimmung über den Vertragsentwurf der Basis keine Empfehlung abgeben wollen. "Ich bin heilfroh, dass das Ergebnis so eindeutig ist", sagte Harald Klink. Und seine Co-Sprecherin im Kreisvorstand, Julia Mayer, kündigte an, sie würden die Fraktion "konstruktiv begleiten". Beide hatten sich vehement gegen die Koalition ausgesprochen.

Als letzte im Bunde entschieden sich die CDU-Mitglieder am Nachmittag im Maritim mit gut 100 Stimmen bei neun Nein-Stimmen und drei Enthaltungen für das Ratsbündnis. Ex-Parteichef Helmut Hergarten kritisierte, beim vorherigen schwarz-grünen Bündnis habe der "grüne Schwanz mit dem schwarzen Hund gewackelt". CDU-Fraktionschef Klaus-Peter Gilles konterte: "Es war nie nötig zu sagen, wer die größere Fraktion ist. Wir konnten immer auf Augenhöhe miteinander reden." Für ihn sei es die Hauptsache, dass das "Herz und der Kopf des Hundes schwarz sind".

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Tom Schmidt ließ es sich nach der Abstimmung in seiner Partei nicht nehmen, auch noch bei der Mitgliederversammlung der Union kurz vorbeizuschauen. Fast schien es, als wollten er und CDU-Fraktionsgeschäftsführer Georg Fenninger sich vor Freude um den Hals fallen, dass es mit dem Jamaika-Projekt doch noch geklappt hat. Doch dann beließen es die beiden Männer bei einem kräftigen Schulterklopfen.

Ziele der drei Fraktionen

Die Haushaltskonsolidierung sehen alle drei Fraktionen als wichtigstes Ziel der Koalition. Die massive Erhöhung der Grundsteuer, wie von der Verwaltungsspitze vorgeschlagen, sehen alle drei Bündnispartner nur als letztes Mittel. Eine Absage hatten die Koalitionäre bereits im Vorfeld einer von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch vorgeschlagenen Reduzierung des Opernetats um acht Millionen Euro bis 2023 erteilt. Sie wollen stattdessen drei Millionen Euro einsparen. Strittig in der Koalition: das geplante Beethoven-Festspielhaus - vor allem die Pro-Haltung von CDU und FDP und die Ablehnung der Grünen. Außerdem: das städtebauliche Konzept für das Viktoriakarree, das die Grünen gern kleinteiliger hätten. Eine Mammutaufgabe bleibt der immense Sanierungsstau bei Schulen und öffentlichen Gebäuden (zum Beispiel Stadthaus, Oper, Godesberger Stadthalle, Beethovenhalle).

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