Senioren als Ziel von Betrügern Höflichkeit kann zum Verhängnis werden

BONN · Das Angebot erweckt Neugier: Ein Unternehmen meldet sich telefonisch oder auf dem Postweg bei einer Seniorin und möchte ihr einen Notrufknopf vorstellen. Dieser kann für Senioren eine lebensrettende Anschaffung sein, das weiß auch Gabi Jansen.

 "Rate mal, wer dran ist?": Ursula Lenz empfiehlt den Ratgeber des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

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Foto: Sebastian Flick

Doch der Brief, den ihre Mutter erhalten hat, macht sie stutzig: Die Deutsche Gesellschaft für Seniorenberatung nennt darin gleich einen Termin, zu dem sie eine Mitarbeiterin vorbeischicken will, um besagten Notrufknopf vorzustellen.

In dem Schreiben bezieht sich die Gesellschaft auf ein Telefonat an einem bestimmten Tag. "Das Gespräch hat es nie gegeben. Wir kannten diese Gesellschaft gar nicht", sagt Jansen. Folglich verweigerte sie dann später der Frau den Zutritt, als diese vor der Haustür stand. "Wir hatten den Termin nicht abgesagt, weil wir befürchteten, dass gleich versucht wird, einen neuen Termin zu vereinbaren", erklärt Jansen.

Doch woher hatte die Gesellschaft überhaupt die Adresse ihrer Mutter? Die Vertreterin habe erklärt, ihr Unternehmen hätte diese wahllos aus dem Telefonbuch ausgewählt, so Jansen. Was nicht stimmen kann. Ihre Mutter ist im Telefonbuch nicht aufgelistet.

Eine Deutsche Gesellschaft für Seniorenberatung ist Ursula Lenz, Pressesprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), nicht bekannt. Allgemein steht sie aber Anbietern, die an der Haustür klingeln oder sich telefonisch melden sehr kritisch gegenüber: "Ich möchte intensiv davor warnen, mit solchen Leuten Termine zu vereinbaren und sie ins Haus zu lassen. Vielleicht sind sie zu zweit und überrumpeln die Leute. Dahinter kann sich auch ein Trickbetrug verstecken."

Bei der Bonner Polizei sind Trickbetrüger, die Senioren an der Haustür oder am Telefon über den Tisch ziehen, derzeit nicht bekannt: "Es liegen uns aktuell keine Anzeigen vor", sagt Daniela Lindemann von der Pressestelle.

Dennoch fragt sich Gabi Jansen, wie man an die Rufnummer und Adresse ihrer Mutter kommen konnte. Allgemein wird oft vermutet, dass die Anbieter im Telefonbuch nach älteren Vornamen suchen, doch diese Möglichkeit fällt in diesem Fall weg, und Jansens Familie hat mittlerweile eine ganz andere Vermutung: Der Ehemann der Seniorin ist vor wenigen Monaten gestorben, möglicherweise kam man über die Todesanzeige an die Adresse.

Jansens Mutter wird zukünftig in jedem Fall vorsichtiger sein und derartige Angebote am Telefon gleich ablehnen. Doch insbesondere ältere Menschen sind für viele Trickbetrüger leichte Beute: "Viele Senioren haben eine gute Erziehung, da verbietet es sich, direkt aufzulegen. Oft kommt der Aspekt der Einsamkeit hinzu", meint Lenz und ergänzt: "Es ist ganz wichtig, dass man seine eigene gute Erziehung über Bord wirft und sagt, dass man keine weiteren Anrufe wünscht." Zudem sind unerwünschte Werbeanrufe mittlerweile verboten.

Senioren, die tatsächlich Interesse an einem Notrufknopf haben, sollten sich am besten an einen der Wohlfahrtsverbände, wie etwa das Deutsche Rote Kreuz oder die Johanniter wenden.

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