Bonner Grüne haben neuen Sprecher Harald Klinke ist ein Freund "guter Streitkultur"

BONN · Seine Worte wählt Harald Klinke mit Bedacht. Der 45-Jährige ist kein Mann der verbalen Schnellschüsse, aber ein Zögerer ist er auch nicht. "Wenn ich für etwas leidenschaftlich streite, dann tue ich das auch. Wichtig ist mir aber vor allem eine gute Streitkultur", sagt Klinke.

 "Mehrheitlich" wählten die Parteimitglieder Harald Klinke zu ihrem Sprecher.

"Mehrheitlich" wählten die Parteimitglieder Harald Klinke zu ihrem Sprecher.

Foto: Grüne

Er denkt kurz nach. "Doch, die Debattenkultur bei den Grünen finde ich gut. Auch wenn es manchmal vielleicht etwas anstrengend ist, mit der Basis um einen Weg zu streiten - aber es kommt immer etwas Gutes dabei heraus."

Klinke ist gerade zum neuen Kreisverbandssprecher gewählt worden - "mehrheitlich". Dabei gab es ausschließlich Ja-Stimmen und eine Enthaltung. Klinke nimmt's sehr genau: "Einstimmig ist es eben nicht", sagt er. Das Amt musste neu besetzt werden, nachdem Martin Heyer, gerade in den Stadtrat gewählt, aus Protest gegen die Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP seinen Rücktritt als Sprecher bekannt gegeben hatte. Jetzt bildet Klinke mit Julia Mayer das neue Sprecher-Duo.

Und wie steht er zur Jamaikakoalition? Klinke nippt an seiner Apfelsaftschorle und sagt: "Ich bin kein Mensch, der auf Prinzipien baut und auf die reine Farbenlehre schaut. Was für mich entscheidend ist, sind die Inhalte." Es komme ihm darauf an, grüne Kernpunkte im Koalitionsvertrag wiederzufinden. Ganz oben stehe für ihn die Unantastbarkeit des Meßdorfer Feldes. "Und das Festspielhaus brauchen wir in Bonn ja auch nicht zwingend", sagt er und betont, es gehe den Grünen nicht darum, um jeden Preis einen Vertrag zusammenzubekommen. "Gegen eine Aufweichung von grünen Inhalten würde ich mich wehren", sagt Klinke bestimmt.

Bonn als internationalen Standort auszubauen und noch deutlicher herauszustellen, ist ihm ein Anliegen, aber auch die Unterstützung der Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA. Und so kritisiert er auch heftig die Entscheidung der EU-Kommission, das Bündnis gegen die internationalen Handels- und Investitionsverträge nicht zuzulassen. "Wir Bonner Grüne werden die Ziele der Europäischen Bürgerinitiative weiterhin unbeirrt unterstützen. Sozialdumping, undemokratische Konzernklagerechte vor fragwürdigen Schiedsgerichten und intransparente Verhandlungen müssen zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger der EU verhindert werden", sagt er. "Bonn ist ein idealer Ort, um internationale und globale Probleme zu diskutieren."

Doch nun steht erst einmal die Bildung einer Koalition für die Stadtratsarbeit an. Die elf Facharbeitskreise haben ihre Arbeit weitgehend abgeschlossen. Jetzt geht es ans Eingemachte. Die sogenannte Lenkungsgruppe, in der die Parteichefs und die Fraktionsspitzen aus CDU, FDP und den Grünen sitzen, hat die Aufgabe, aus den Ergebnissen ein Papier aus einem Guss zu machen und strittige Fragen zu diskutieren. Danach wird das Ergebnis der Basis vorgelegt, und es wird diskutiert.

"Streitfreudig" sei er nur im Beruf, sagt Klinke schmunzelnd. Der 45-jährige gebürtige Münchner ("Was die Gemütlichkeit und Beschaulichkeit betrifft, liegen die beiden Städte gar nicht so weit auseinander") ist Anwalt. Mit vier Kollegen bildet er eine Bürogemeinschaft an der Hausdorff Straße. Seine Spezialgebiete: Arbeitsrecht, Immobilien- und Vertragsrecht. Der Vater zweier Töchter, sieben und neun Jahre alt, lebt in der Bonner Altstadt. Was er dort besonders liebt, sind die Vielfalt und Lebendigkeit.

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