Kreuzkirche in Bonn Günther Beckstein auf der Kanzel

BONN · "Liebt einander, wie ich euch geliebt habe", heißt es im Johannesevangelium, Kapitel 9, Vers 12. Diese Passage hatte Günther Beckstein als biblischen Hintergrund für seine gestrige Kanzelrede ausgewählt, die das Evangelische Forum in der Kreuzkirche ausrichtete.

 Der Vizepräses der Evangelischen Synode, Günther Beckstein, am Sonntag auf der Kanzel der Kreuzkirche.

Der Vizepräses der Evangelischen Synode, Günther Beckstein, am Sonntag auf der Kanzel der Kreuzkirche.

Foto: Stefan Knopp

Die Rede trug den Titel "Die Zehn Gebote und die Liebe im politischen Alltag." Damit hatte sich der Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland in seiner Amtszeit als Landesinnenminister und Ministerpräsident von Bayern zur Genüge auseinandersetzen können. Sein Thema sei "eine der spannendsten Fragen, die man sich überhaupt nur vorstellen kann", sagte er.

Im Laufe seines Vortrages, der vom Kreuzkirchen-Kammerchor Vox Bona gesanglich eingerahmt wurde, stellte er heraus, dass die Liebe Gottes und die Zehn Gebote "Angebote für die Menschen" seien, die jedem die gleiche Menschenwürde zugeständen. "Das bedeutet, dass der demente alte Mensch dieselbe Würde hat wie ein Nobelpreisträger", sagte der 70-Jährige.

"Und da meine ich, dass das im politischen Alltag heute noch nicht eingelöst ist." Der Bedarf an Pflege alter, behinderter oder dementer Menschen werde zunehmen, und da könne es nicht sein, dass Mitarbeiter im Pflegebereich weniger verdienen als Arbeiter am Fließband. "Ich glaube, wir müssen hier dringend eine andere Wertordnung einführen."

Als Politiker müsse man mehr nach den biblischen Geboten leben, ist Beckstein überzeugt. "Je länger die Gesetze, desto eher sucht man irgendwelche Schlupflöcher. Die Zehn Gebote kennen diese Schlupflöcher nicht", sagte er. Und die Mächtigen nahm er in die Verantwortung: Die Gefahr sei groß, "dass man meint, man sei selbst der Allerhöchste, und vergisst, dass man dem Allerhöchsten verantwortlich ist".

Man müsse immer die Chance nutzen, Alternativen zu diskutieren, statt es sich zu leicht zu machen. "Ich bin überzeugt, dass die Zehn Gebote eine Hilfestellung für ein gelingendes Leben sind", sagte der Protestant. "Die Zehn Gebote sind nicht die Einschränkung der persönlichen Freiheit, sondern die Gebrauchsanweisung für die Freiheit. Sie sind Leitplanken des Lebens."

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