Historische Kanonen am Alten Zoll Frühjahrsputz für die "Dicken"

BONN · Die "Dicke" sieht für ihr Alter noch ganz gut aus. Zwar ist sie schon deutlich in die Jahre gekommen, mit ein wenig "Make-up" sind die Spuren ihrer bewegten Vergangenheit jedoch schnell übertüncht. "Das kriege ich schon wieder hin", sagt Walter Keil.

 Kanonen am Alten Zoll: Stellmacher Walter Keil bringt die "Dicken" auf Vordermann.

Kanonen am Alten Zoll: Stellmacher Walter Keil bringt die "Dicken" auf Vordermann.

Foto: Barbara Frommann

Zweimal im Jahr reist er für dieses "Beautyprogramm" extra aus Gymnich an. Dann bringt der gelernte Stellmacher, Maschinenbaumeister und Techniker des Straßenbauamts von Erftstadt die beiden Kanonen am Alten Zoll wieder auf Vordermann. Neben dem dicken Vorderlader aus dem Jahr 1841 inspiziert er dabei auch die kleinere Kanone von 1806.

"Hier muss ich ran", stellt er schon auf den ersten flüchtigen Blick fest und legt die lederne Schürze an. "Dort hatte offenbar jemand einen Aufkleber auf den hölzernen Pfropfen, der das Rohr verschließt, geklebt." Beim Entfernen sind dann Kratzer entstanden, die Keil jetzt fachmännisch beseitigt. Wenn er Pinsel und Farbeimer schon mal bei der Hand hat, dann kann er auch schnell die Beschläge der Räder ausbessern. Hier und da muss er noch ein wenig Rost entfernen und die Steinchen zwischen den verschiedenen Bauteilen herauskratzen. "Die Kinder haben offenbar großen Spaß dabei, überall die kleinen Kieselsteine zu verteilen", sagt der 61-Jährige. Rund vier Stunden ist er diesmal mit dem Frühjahrs-Kanonenputz am Alten Zoll beschäftigt. Seit vergangenem Jahr kümmert er sich regelmäßig um die Instandsetzung.

Wenn er nicht als Techniker beim Straßenbauamt arbeitet, ist Walter Keil im Freilichtmuseum in Kommern anzutreffen. Dort demonstriert er im Handwerksdorf, wie Stellmacher vor Jahrzehnten gearbeitet haben. "Dieser Beruf ist in den 1950er Jahren ausgestorben. Stellmacher haben Wagen und Räder gebaut und repariert." In Kommern hat er auch einen Teil der Bonner Kanonen wieder flottgemacht. In einer Art Patenschaft kümmert er sich mit dem Museum um die tonnenschweren Geschütze am Bonner Rheinufer.

Walter Keil erinnert sich noch gut daran, wie die Kanonen vor der Restaurierung aussahen. "Das Holz war so stark verwittert, dass wir alle Bauteile komplett erneuern mussten." Besser in Schuss waren hingegen die Metallteile. Nachdem sie ausgebaut, entrostet und gereinigt waren, konnten sie wieder in die Geschütze eingebaut werden. "Die Speichen für die Räder habe ich in meiner Werkstatt zu Hause aus Eichenholz zugeschnitten und geschnitzt", erzählt er. Aufgezogen hat er sie dann im Museumsdorf in Kommern.

Nach wenigen Stunden sind die Kanonen fit für den Sommer. Kaum ist die Arbeit getan, klettern auch schon wieder die ersten Kinder darauf herum. "Das dürfen sie gerne", freut sich Keil. "Schließlich hat das doch wohl jeder Bonner in jungen Jahren schon einmal gemacht."

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