Bonner Verein Frauenhaus-Team beklagt unsichere Finanzierung

Bonn · Emine stand plötzlich vor der Tür. Die 19-jährige war Hals über Kopf aus ihrem Elternhaus geflohen, denn ihr Vater hatte entschieden, dass Ermine einen Mann seiner Wahl heiraten soll. Um einer Zwangsehe zu entgehen, blieb der jungen Frau nur die Flucht. Emotional aufgelöst strandete sie vollkommen mittellos im Rheinland.

 Schon vor einem Jahr forderten Elsa Bleeck, Karola Schneider und Eva Risse von der Frauenberatungsstelle eine höhere und sichere Finanzierung ihrer Einrichtung.

Schon vor einem Jahr forderten Elsa Bleeck, Karola Schneider und Eva Risse von der Frauenberatungsstelle eine höhere und sichere Finanzierung ihrer Einrichtung.

Foto: Roland Kohls

Im Frauenhaus Bonn fand sie schließlich Zuflucht. Dort kümmerte man sich um Emine, gab ihr nicht nur ein Dach über den Kopf, sondern half ihr auch dabei, ihr neues Leben zu planen. Denn die junge Türkin hatte Träume: Sie wollte ihr Abitur an einem Wirtschaftsgymnasium machen, später studieren und vor allem unabhängig sein.

Eigentlich freuen sich die Mitarbeiterinnen im Frauenhaus immer über selbstbewusste Frauen, die nach körperlicher oder seelischer Gewalt neue Weichen für ihre Zukunft stellen. Doch im Fall der jungen Frau zeigt sich auch das Dilemma für den Verein. Denn nur für diejenigen, die Anspruch auf Sozialleistungen haben, wird der Tagessatz von 40 Euro pro Person und Tag übernommen. "Wer allerdings Schulen oder Universität besucht, der fällt aus dieser Gruppe heraus und muss selbst für die Unterbringung aufkommen", beklagt Christel Naylor, Vorsitzende des Vereins "Hilfe für Frauen in Not - Frauenhaus Bonn".

Kann die Betroffene nicht für die Unterbringung aufkommen, dann versucht der Verein, die Kosten zu tragen. "Jede Verschärfung der Sozialhilfegesetze wirkt sich sofort auf unsere Arbeit aus", beklagt auch Uta Pankoke, zweite Vorsitzende des Vereins, die zudem bedauert, dass es keine Einzelfallprüfung gibt, sondern pauschal nach Vorschriften entschieden werde. "Ohne Spenden würden wir gar nicht über die Runden kommen."

Dabei loben die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses ausdrücklich die Kooperation mit der Stadt. "Da können wir uns wirklich nicht beklagen", so Naylor. Aber der Anspruch auf Kostenübernahme orientiere sich schließlich an bundesweit geltenden Richtlinien. Deshalb fordert sie: "Nicht die Lebensgrundlagen einer Frau sollen darüber entscheiden, ob wir für ihre Unterbringung eine finanzielle Unterstützung bekommen. Sondern allein die Tatsache, dass eine Betroffene physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt war, muss reichen, um die Kosten zu übernehmen", so die Vorsitzende. Auch durch die Verschärfung des Ausländerrechts sei die Situation zunehmend prekär geworden. "Das Frauenhaus ist nicht nur ein Zufluchtsort, sondern Basis für einen Neuanfang", so Pankoke.

Zwischen sechs Wochen und eineinhalb Jahren bleiben die Frauen mit ihren Kindern durchschnittlich im Frauenhaus. Im Anschluss kann der Übergang in ein selbstbestimmtes Leben durch die Unterbringung in einem zweiten Haus erleichtert werden. Emine ist ihren Weg gegangen. Sie ist nach einem Jahr aus dem Frauenhaus ausgezogen und besucht derzeit ein Wirtschaftsgymnasium in einer anderen Stadt. "Hin und wieder bekommen wir Post von ihr", freuen sich die Mitarbeiterinnen.

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