Eröffnung des Akademischen Jahres Fohrmann kritisiert NRW-Landespolitik

BONN · Saxofonklänge begleiteten die Gäste, die zur Eröffnung des 196. Akademischen Jahres an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität wollten, durch das Gebäude - ein Mitglied der Uni-Bigband bei den Vorbereitungen des Auftritts in der Aula.

 Feierlicher Moment: Der Einzug des Rektorats in die Aula bei der Eröffnung des Akademischen Jahres der Bonner Universität.

Feierlicher Moment: Der Einzug des Rektorats in die Aula bei der Eröffnung des Akademischen Jahres der Bonner Universität.

Foto: Volker Lannert

Das recht beschwingte erste Musikstück des Ensembles kontrastierte stark mit dem würdevollen Auftritt des Rektorats und der Dekane beim Einzug und auch mit der Ernsthaftigkeit der anschließenden Rede des Rektors Jürgen Fohrmann. Es war seine letzte, da er Ende April 2015 aus dem Amt scheidet.

Die Universitäten in Nordrhein-Westfalen hätten kein Wissenschaftsproblem, sondern ein politisches. Fohrmann sah als gegenläufige Tendenzen eine "Entdifferenzierung des Wissenschaftssystems" einerseits und die "zumeist wissenschaftsgetriebene Differenzierung der Hochschullandschaft" andererseits.

In beiden Ansätzen äußerte er harsche Kritik an der NRW-Landespolitik, die sich den Vorschlägen der Universitäten verschließe. "Sie steigert hingegen die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten und fordert zugleich von den Hochschulen die Sicherstellung des Studienerfolgs ein."

Fohrmann bemängelte den Versuch, eine "mittlere Lage" zu erzeugen, also möglichst viele Studienerfolge durch Entrümpelung des Stoffs und Vereinfachung des Prüfungswesens als Mittel, um politische Zielsetzungen zu erreichen. "Wie sieht es politisch aus, wenn die Studierenden das Handtuch werfen oder viele die Prüfungen nicht bestehen?" Fohrmann befürchtet eine "Entdifferenzierung des Wissens".

Dem stehe die Differenzierung in verschiedenen Bereichen gegenüber: Die starke internationale Vernetzung der Bonner Uni sei "ein Attraktivitäts- und Produktivitätsfaktor im Wettbewerb um gute Studierende und Wissenschaftler", die regionale Differenzierung versuche einen synergetischen Verbund mit anderen Einrichtungen herzustellen, und intern sei die Bonner Universität sehr breit gefächert und biete vielfältige Karrierewege.

Dabei stoße sie aber inzwischen an räumliche und personelle Grenzen. Fohrmann bedauerte die Auseinandersetzung mit der Landespolitik zum Beispiel über Hochschulautonomie und -steuerung. "Insgesamt halten wir daher nach wie vor die im Gesetz vorgesehenen Steuerungsinstrumente für untauglich." Über die Diskussionen sei kaum etwas bewegt worden.

Der Rektor kritisierte den Einfluss von Lobbyarbeit auf die Wissenschaftspolitik, "der es nicht um das Ganze des Wissenschaftssystems, sondern um Politik für die eigene Klientel und Wählerschaft" gehe. International operierende Universitäten benötigten "eine neue Verbindung von Professionalisierung und Teilhabe", schloss Fohrmann. "Es muss um eine Teilhabe gehen, die kooperative Prozesse an den Kompetenz- und Entscheidungszusammenhängen orientiert."

"Es herrscht ein Gefühl der Unsicherheit an der Universität", sagte der Asta-Vorsitzende Jonas Janoschka über die Stimmung in der Studierendenschaft. Zu wenig und zu teurer Wohnraum erforderten, dass viele Studierende nebenbei Geld verdienen. Zusammen mit dem recht straffen Lehrplan zwinge das dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das wiederum erwecke den Eindruck, es würde nur mit Orientierung auf die ECTS-Leistungspunkte studiert.

Sein Vorschlag: Diese Punkte könne man auch für ehrenamtliche Arbeit oder sportliche Betätigung bekommen.

Anschließend wurden die Gewinner der akademischen Preise ausgezeichnet (siehe Infokasten). Die Universitätsgesellschaft ehrte außerdem die "Gruppe Achim Matz", die den besagten autistischen Künstler unterstützt. Den Festvortrag hielt die Physikprofessorin Ulrike Thoma vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik über das Innere von Protonen und Neutronen.

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