Übergriffe auf Frauen in Bonn und Köln Flüchtlinge in Bonn distanzieren sich von den Vorfällen

Bonn · Für viele Flüchtlinge in Bonn sind die Gewalt und sexuellen Übergriffe auf Frauen wie zuletzt an Silvester in Köln vor dem Hauptbahnhof und im November auf dem Bonner Partyboot "Township", an denen wohl auch Flüchtlinge beteiligt waren, ein Alptraum.

Sie fürchten jetzt, mit diesen Kriminellen über einen Kamm geschert zu werden und haben seither teilweise sogar auch Angst, ihre Unterkünfte zu verlassen und in die Innenstadt zu fahren. So auch der 25-jährige Suliman aus Syrien, Yassine (22) aus Algerien und die beiden Marokkaner Amin (24) und Achmed (20) sowie weitere Flüchtlinge, mit denen der GA gestern mit Hilfe eines Dolmetschers sprach.

"Das ist furchtbar. Wenn die Polizei diese Männer kriegt, muss sie sie alle aus dem Land jagen", sind sich die vier einig und erhalten dafür von den anderen Männern, die im Versorgungszelt vor der Turnhalle der Musikschule in Duisdorf gerade ihr Mittagessen einnehmen, volle Zustimmung. Seit Anfang Dezember dient die Turnhalle für rund 60 Flüchtlinge als Notunterkunft.

Mittlerweile leben nur noch Männer dort. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das den Betrieb der Unterkunft im Auftrag der Stadt übernommen hat, hat die Familien mit Frauen und Kindern in feste Heimunterkünfte untergebracht. Das vereinfacht den Betrieb der Turnhalle, nicht zuletzt auch mit Blick auf die sanitären Anlagen.

Entsetzen über die Taten in Bonn

Yassine ist wie der 20-jährige Achmed geflohen, weil sie sich in der Heimat von der Regierung drangsaliert fühlten, keine Arbeit und keine Perspektiven mehr hatten. Sie wollen in Deutschland bleiben, endlich arbeiten und sich eine Zukunft aufbauen. Sie wissen, ihre Chancen stehen schlecht, schließlich stammen sie nicht aus einem Kriegsgebiet. Um so mehr sind sie entsetzt über die Männer, die in der Silvesternacht die Frauen misshandelt und bestohlen haben. "Da denken doch bestimmt viele, wir sind auch so", sagt Yassine. Er zückt sein Portemonnaie und zeigt zahlreiche Quittungen eines Supermarkts und SWB-Fahrscheine. "Ich will beweisen, dass ich nicht klaue oder schwarzfahre", sagt er.

Suliman ist Moslem und sagt, er schäme sich sehr, dass Glaubensbrüder, von denen viele von ihnen offenbar auch noch aus seinem Heimatland stammten, so etwas tun konnten. "Auch ich habe mein Gesicht verloren", sagt er. Der 25-Jährige, der vor zweieinhalb Monaten vor Krieg und Terror aus Syrien geflohen ist, schüttelt angewidert den Kopf. Solche Taten verbiete doch auch der Islam. Er selbst ist verzweifelt. Seine Frau und seine beiden kleinen Töchter seien zurzeit in der Türkei, ohne Geld und Papiere. Er will sie unbedingt nach Deutschland holen, weiß aber nicht wie.

Total geschockt zeigt sich Shevan (28), ein kurdischer Syrier, über die Vorfälle. Der Elektroingenieur meint, dass sie als Flüchtlinge jetzt alle "ein Riesenproblem" bekämen, weil jetzt viele Menschen in Deutschland doch denken müssten, sie seien alle "so schlecht" wie diese Männer. "Es gibt leider auch unter uns Syrern Menschen, die nicht gut erzogen sind, die machen, was sie wollen", bedauert er. Shevan überlegt nun, mit anderen Flüchtlingen eine Demonstration zu organisieren - gegen gewalttätige Flüchtlinge.

"Für mich sind diese Männer inakzeptabel"

Der 20-jährige Bahram stammt aus dem Iran und ist Christ. Als er in seinem Land zum Kampf gezwungen werden sollte, verließ er seine Familie und floh nach Deutschland. "Für mich sind diese Männer inakzeptabel", sagt er, "noch nicht einmal Tiere würden so etwas tun." Bahram hat die Szenen in Köln miterlebt: "Ich stand oben auf der Domplatte und habe gesehen, wie zwei Polizisten zwei Araber festgenommen haben, die Frauen belästigt hatten." Alkohol- und Drogengenuss habe diese Männer völlig enthemmt. Den seien sie als Moslems von zu Hause nicht gewohnt.

"Solche Flüchtlinge muss Deutschland aussortieren, sie dürfen hier gar nicht erst aufgenommen werden, weil sie sich niemals integrieren werden", urteilt der 20-Jährige. Seit der Silvesternacht fühle auch er sich verfolgt: "Man kann den Menschen von den Gesichtern ablesen, was sie von uns denken, nämlich dass wir Diebe und Vergewaltiger seien", sagt er niedergeschlagen.

Vor dem Paulusheim in Endenich traf der GA auch einige weibliche Flüchtlinge, die sich ebenfalls entsetzt und angewidert von den Übergriffen in Köln und Bonn zeigten. "Die Polizei muss die Frauen doch besser schützen", meinte eine, die wie die anderen Frauen aus Angst vor möglichen Angriffen nicht mit Namen oder Foto in der Zeitung stehen wollte.

Rahim Öztürker ist ebenfalls in großer Sorge, dass der Alltag für die Flüchtlinge schwieriger wird, weil sie in Sippenhaft mit den Tätern genommen werden könnten. Der Vorsitzende des Integrationsrats der Stadt Bonn hofft, dass alle Täter schnellstens gefasst werden und fordert harte Strafen für sie. "Das waren keine Kinder, sondern Erwachsene. Und sie müssen wissen, wie sie sich zu benehmen haben", sagte er. Öztürker ist sich aber auch sehr bewusst: "Es ist bei Migranten wie mit allen Menschen: Sie sind nicht alle gleich, und sie haben alle einen unterschiedlichen Bildungsgrad."

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