"Marsch des Lebens" zieht auf den Marktplatz Erinnern, ehren, versöhnen

BONN · Es ist still, als Nicole Schlüter über die Schicksale Bonner Juden erzählt, die während des Nationalsozialismus ermordet wurden. Sonntag startete die Initiative "Marsch des Lebens" vom jüdischen Friedhof an der Römerstraße zu einer Demonstration auf dem Marktplatz.

 Wie die gebürtige Bonner Jüdin Hanna Zack-Miley den Holocaust überlebte, erzählt sie bei der Demo "Marsch des Lebens".

Wie die gebürtige Bonner Jüdin Hanna Zack-Miley den Holocaust überlebte, erzählt sie bei der Demo "Marsch des Lebens".

Foto: Nicolas Ottersbach

Dort berichtete die gebürtige Bonner Jüdin Hanna Zack-Miley, die heute in den USA lebt, von ihrer Geschichte. Sie hat den Holocaust überlebt. "Meine Eltern nicht", sagte Miley. Auf den Tag genau vor 73 Jahren waren Mutter und Vater in Chelmno, in einem deutschen Konzentrationslager auf polnischem Boden, vergast worden. Zack-Miley hatte erlebt, wie die jüdische Bevölkerung erst ausgegrenzt und schließlich nach der Pogromnacht im November 1938 zum Umzug in ein sogenanntes "Judenhaus" nach Köln gezwungen wurde.

Ihre Eltern erkannten die Gefahr und besorgten für ihre Tochter einen Platz in einem jener Kindertransporte nach England, mit denen 10.000 jüdische Kinder aus Deutschland gerettet werden konnten. Darüber hat sie das Buch "Meine Krone in der Asche. Der Holocaust, die Kraft der Vergebung und der lange Weg zur persönlichen Heilung" geschrieben.

Etwa 100 Demonstranten zogen trotz Regens vorbei an Stationen jüdischen Lebens. Wie dem ostjüdischen Betsaal an der Graurheindorfer Straße 15. Nach dem Ersten Weltkrieg waren viele Juden aus Polen vor den Pogromen nach Westen geflohen und wollten nach Amerika auswandern. "Das gelang vielen nicht", sagte Schlüter.

In der Bonner Nordstadt endete ihre Flucht. Aber da sie sich mit dem liberal-jüdischen Ritus nicht anfreunden konnten, feierten sie ihre eigenen Gottesdienste. Wenige Meter weiter, an der Kölnstraße 64, stand das Haus der zionistische Studentenbewegung "Kadimah", die 1909 gegründet worden war. "1933 verkauften sie das Gebäude, weil sie erkannten, dass sie hier nicht weiterleben konnten", sagte Schlüter.

Die Bewegung "Marsch des Lebens" gibt es seit 2007 in 14 Nationen und mehr als hundert Städten. 2011 wurde die Initiative von der israelischen Knesset für ihr besonderes Engagement für Holocaustüberlebende ausgezeichnet. Ziel ist laut der Veranstalter zu erinnern, zu ehren und zu versöhnen.

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