Viktoriakarree Entscheidung mit Vorgeschichte

Bonn · Am Tag nach dem Beschluss, dem Bürgerbegehren "Viva Viktoria" beizutreten, stellen sich viele Fragen.

Sondersitzung des Rates: Die Zuschauerränge sind gefüllt.

Sondersitzung des Rates: Die Zuschauerränge sind gefüllt.

Foto: Horst Müller

An wem ist es gescheitert?

An allen - bis auf die Bürger. Die Koalition aus CDU und Grünen hat in der vergangenen Ratsperiode auf Zeit gespielt, weil sie sich in der Entwicklung des Areals nicht einig war. Diesen zeitlichen Raum, so stellt auch der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes fest, hat der Investor genutzt, um Fakten zu schaffen: Er kaufte eine Immobilie nach der anderen. Während sich die Politik um Inhalte stritt, verfolgte die Signa konsequent die Verwirklichung ihrer Pläne.

Letztlich zeigte sich der Investor aber hinsichtlich seiner Pläne so "stur", so erklärte es jedenfalls SPD-Fraktionschefin Bärbel Richter, dass er die anfängliche Mehrheit im Rat verspielte. So war die Signa lange nicht bereit, das Gebäude um ein Geschoss zu reduzieren und damit der Höhe des historischen Uni-Hauptgebäudes anzupassen.

Verwaltung und Investor haben, wieder einmal, einen entscheidenden Faktor übersehen: den Bürger. Und die Politik? Sie hat aufgrund ihrer jahrelangen Entscheidungslosigkeit die Entwicklung verpasst. Letztlich steht ja seit 2000 fest, dass sich etwas in dem Karree verändern wird.

Hat es eine Bürgerbeteiligung gegeben?

Nein. Es hat eine Bürgerinformation gegeben, bei der die Bürger keine formelle Möglichkeit hatten, Einwände vorzubringen. Im April hatten die beiden Bewerber um die städtischen Immobilien, die Signa und HochTief, ihre Pläne im Ratssaal vorgestellt. Beim Termin waren nur wenige Bürger anwesend.

Wie hatten die Jury und der Städtebaubeirat die Pläne beurteilt?

Beim Städtebaubeirat fielen beide Entwürfe durch. Beide Bewerber hätten nicht das abgeliefert, was in der Ausschreibung gefordert wurde, hieß es. HochTief hatte sich zu stark auf Wohnbebauung konzentriert, die Signa den Schwerpunkt beim Einzelhandel gesetzt. Bei der Punktevergabe der Jury erhielt die Signa nur 2,3 von sechs Punkten, lag aber gegenüber 1,5 Punkten für den HochTief-Entwurf vorne.

Ist das Ergebnis fair?

Aus Sicht der Signa sicher nicht. Noch mal: Dem Investor kann kein Vorwurf gemacht werden. Im Gegenteil. Er glaubt an Bonn, und er hat sich seit Jahren für sein Projekt stark gemacht. Er hat nicht nur viel Geld investiert, um möglichst viele Immobilien in dem Karree einzubinden. Er hat auch über alle Kanäle seine politischen Chancen ausgelotet und abgefragt, wie die Interessenlage der Verwaltung, der Politik und der Stadtgesellschaft sind.

Letztlich hat er sich auch auf das Einzelhandelsgutachten verlassen, das immensen Bedarf an Verkaufsflächen in der Bonner Innenstadt sieht. Aus Sicht der Initiative ist das Ergebnis ein ermutigendes Zeichen für demokratische Spielregeln. Auch wenn es nur eine Stimme Mehrheit im Rat gab: Mehrheit ist Mehrheit. Und: Nach der Gemeindeordnung ist ein Bürgerentscheid nicht zwingend.

Muss man jetzt einen Stillstand im Viktoriakarree befürchten?

Nicht unbedingt. Im Übrigen steht der Signa für ein weiteres Engagement in dem Viertel ja nichts im Wege. Aber sie muss natürlich analysieren, was sich für sie wirtschaftlich rechnet. Sie hat auf jeden Fall eine starke Rolle, die manches blockieren könnte.

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