Autorenlesung Ein Schalmeienspieler erzählt

Er schreibt so leicht wie saftig. Anselm Neft schaut den verkopften Studienabgängern von heute aufs Maul und lässt so Komik und Drama einer ängstlichen Generation munter aufeinandertreffen. Seinem neuen Buch, das er am Donnerstag vorstellt, hat der Bonner den Titel "Helden in Schnabelschuhen" gegeben.

 Anselm Neft hat einen unterhaltsamen Roman geschrieben, der im Mittelaltermarkt-Szene spielt.

Anselm Neft hat einen unterhaltsamen Roman geschrieben, der im Mittelaltermarkt-Szene spielt.

Foto: Eckhard Heck

Mit dem Autor sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

Sie haben bereits auf dem Hamburger Literaturfestival Ham.Lit aus Ihrem Buch gelesen. Wie waren die Reaktionen?
Anselm Neft: Rauschhaft. Ich hätte beinahe geweint. Es hat drei Gin Tonic gekostet, mich wieder zu erden. Inmitten der ganzen Hochkultur lechzte die Menge offenbar nach etwas Volkstümlichem.

Ihr Romanheld Theoprastus Bombastus von Witterschlick wird aus unausgesprochener Liebe zu einer Frau Possenreißer in der Mittelalter-Szene - und plötzlich reift der Mann. Ein Entwicklungsroman?
Neft: Zumindest tut es dem verkopften Neurotiker gut, aus seinem snobistischen Elfenbeinturm herauszutreten und sich auf Menschen einzulassen, die ganz anders erscheinen, letztlich aber die gleichen Nöte und Hoffnungen in sich tragen. Spätestens als Bombastus zum dicksten Bauchtänzer der MA-Szene wird, hat er innerlich etliche Pfunde an Ballast verloren.

Katja, die weibliche Heldin, will "Philosophie ins Volk" tragen. Klappt das mit Schellenkranz oder als Buchautor?
Neft: Die Liebe zur Weisheit kann man sicher nur bei denen wecken, in denen sie bereits schlummert. Oft ist man das noch nicht einmal selbst. Ich glaube nicht, dass Romane, Musik und Philosophie die Welt verbessern. Aber ich bin sicher, dass ohne sie die Welt ein noch finsterer Ort wäre. Mir ist bewusst, dass das paradox ist, aber besser kann ich meine Haltung derzeit nicht formulieren.

Gleich zu Beginn des Romans ächzt Altbundeskanzler Helmut Schmidt die Treppe zum Euro Theater Central hoch. Was bedeutet Ihnen dieser "geile Laden"?
Neft: Etwas Ähnliches wie das gallische Dorf bei Asterix. "Ganz Bonn ist vom Geist des flachen Kommerzes beherrscht. Ganz Bonn? Nein! Ein von unbeugsamen Kulturfreaks geleitetes Theater hört nicht auf, Widerstand zu leisten." Natürlich gilt das zum Glück auch noch für ein paar andere Institutionen, aber in denen tritt nicht seit Jahren unsere Lesebühne "Ferkel im Wind" auf. Also bin ich parteiisch.

Der Verlag bewirbt Ihren Roman als Fortsetzung des erfolgreich verfilmten Heinz-Strunk-Buchs "Fleisch ist mein Gemüse"...
Neft: Naja, als ob man so ein Buch fortsetzen könnte. Es gibt aber eine geistige Verwandtschaft. Beide Bücher ziehen ihre Komik aus ähnlich unkomischen Dingen: verkorkste Kindheit, Einsamkeit, Suchtkrankheit, Selbstzweifel, sexuelle Neurosen, grässliche Freizeitveranstaltungen - ein hübsches Pandämonium. Allerdings ist "Helden..." weniger bitter als "Fleisch..." .

Sie waren ein paar Jahre in Schnabelschuhen auf Tour. Wie lebte es sich als Schalmeienspieler?
Neft: Das ist eine komplexe Materie. Ich denke, der Leser kann auf diese Frage eine ehrliche Antwort finden.

Der Eintritt zur Lesung am kommenden Donnerstag, 14. August, 20 Uhr, im Euro Theater Central, Münsterplatz ( Eingang Mauspfad) ist frei. Anselm Neft, "Helden in Schnabelschuhen," Knaus Verlag, 14,99 Euro.

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