Vogelschonzeit seit Sonntag Ein Radikalschnitt kann richtig teuer werden

BONN · Pflegeschnitte führt Michael Schmitz an seiner Hecke immer mal wieder durch. "Schneidet man einen Ast ab, kommen drei neue", weiß er. "Diese Knoten muss ich alle drei bis vier Jahre rausschneiden, und zwar mit der Kettensäge." Seine normale Motor-Heckenschere ist dafür nicht stark genug.

 Roman Gorka beschneidet im Garten von Gerd Köhler einen Apfelbaum.

Roman Gorka beschneidet im Garten von Gerd Köhler einen Apfelbaum.

Foto: Knopp

Am Samstag machte er sich auf seinem Grundstück am Venusberghang an die Arbeit. Es wurde auch höchste Zeit: Radikale Eingriffe in die Hecke sind aus Vogelschutzgründen seit gestern untersagt. Daran halte er sich jetzt auch, seit er das weiß, sagt Schmitz. "Ich habe mir da mal eine Anzeige eingefangen." Damals hatte er in der Brutschutzzeit einen Brombeerstrauch gerodet, der vom Nachbargrundstück zu ihm herübergewachsen war. "Der fängt erst richtig an zu wuchern ab Mai." Er ging mit schwerem Gerät an die Pflanze. "Das fällt dann auch Leuten auf." Die Geschichte ging auch durch die Presse. "Ich bin aber mit einem blauen Auge davongekommen", erzählt Michael Schmitz. "Es gab eine schriftliche Abmahnung von der Unteren Landschaftsbehörde."

Glück gehabt: Laut Stadt kann ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz, das diese Vogelschonzeit vorschreibt, mit bis zu 10.000 Euro bestraft werden. Dabei geht es allerdings um radikalen Schnitt, nicht um kleinere Pflegemaßnahmen und Formschnitte. Die Stadt bittet darum, das Verbot einzuhalten - richtig kontrollieren kann sie das nicht. Der Stadtordnungsdienst sei dafür zuständig, heißt es im Presseamt. Aber auch der kann nicht ständig überall sein.

Wie Schmitz nutzte so mancher Bonner das sonnige Wetter am Samstag, um Hecken und Bäume zu stutzen, solange es noch erlaubt war. Der Kessenicher Gerd Kohler hatte sich dafür Roman Gorka zu Hilfe geholt - als Rentner wollte er nicht selbst auf die Leiter steigen, um seine Trauerweide zu schneiden. Und von einem seiner Apfelbäume musste er sich komplett trennen, bevor sich Vögel darin einnisten. "Der ist zu alt." Außerdem hatte er sich nach rund 20 Jahren dazu entschlossen, das Metallgestänge aus der Buche in seinem Vorgarten zu entfernen. Dieses hatte er damals in den Baum eingeflochten, damit er nach vorne und nach oben wächst. "Die wachsen sonst, wie sie wollen", so Kohler. "Ich glaube, das nennt man dressieren." Das sei jetzt nicht mehr nötig: "Jetzt weiß er, wo er hinwachsen soll."

Außerdem will das Ehepaar Kohler ein Hochbeet bepflanzen, wofür sie sich den Vorsitzende des Kleingärtnervereins Kessenich-Süd als fachkundigen Helfer holen. Dieser wohnt bei ihnen gegenüber, hatte aber am Samstag erst mal etwas anderes zu tun: In seiner Gartenparzelle galt es, den Pfirsichbaum von abgeknickten Ästen zu befreien. Der Baum habe unter Sturm und heftigem Regen gelitten, "besonders da die Pfirsiche so schwer sind". Und den Holunderbaum hinter seinem Gartenhäuschen musste er komplett entfernen, weil das Holz morsch war. "Der kann bei jedem Sturm umkippen."

Es war aber nicht so, dass man am Samstag überall die Motorsägen hörte und Leute bei der Gartenarbeit beobachten konnte. Viele nutzten das schöne Wetter lieber für Ausflüge und Spaziergänge. Und in der Kleingartenanlage Rosengarten in Tannenbusch hatte man die Heckenschneidearbeiten bereits erledigt. "Wir haben schon am Wochenende vorher Container bestellt", berichtete Josef Rudek, der gerade die Rankgitter in seinem Garten neu anstrich. Die seien für die Hecken an der Hohe Straße gedacht gewesen, erklärte Waldemar Preuss, der zwei Gärten weiter mit Freunden das Wetter genoss. "Hier in der Anlage haben wir kaum Hecken." Und an die Bäume und Sträucher, die jetzt noch nicht radikal geschnitten sind, werde man auch bis Anfang Oktober nicht mehr heran gehen - so lange gilt das Verbot. "Da hält man sich hier hundertprozentig dran."

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