Geschäftsschließungen Die Bonner City verändert sich

BONN · In der Bonner Innenstadt gibt es auffallend viel Leerstand. Letzter Tag für Carthaus, eine Tchibo-Filiale und Kult. Peek & Cloppenburg sucht eine geeignete Immobilie.

Kein feines Briefpapier mehr und keinen frisch gemahlenen Kaffee: Am Samstag gingen endgültig die Lichter an einem der attraktivsten Standorte der Bonner City aus. Seit Montag ist die Ecke Remigiusstraße, Fürstenstraße, Mauspfad um zwei alteingesessene Einzelhandelsgeschäfte ärmer. Denn nicht nur das Traditionshaus Carthaus schließt am Wochenende seine Pforten; auch Tchibo, gegenüber, macht für immer dicht.

"Wenn es nach uns gegangen wäre, dann wären wir dort geblieben", erklärt Andreas Engelmann, Sprecher von Tchibo in Hamburg. Seit Februar 2001 betreibt die Rösterei an diesem Standort eine "sehr gut gehende Filiale", so das Unternehmen.

Davor servierte schon Eduscho an gleicher Stelle über Jahrzehnte Kaffee und verkaufte erste Modeartikel sowie Haushaltsaccessoires. Doch jetzt hat der Vermieter den Vertrag gekündigt. Zwar sei man bereits seit einiger Zeit auf der Suche nach einem Ersatzstandort, doch "bisher haben wir noch nichts Vergleichbares gefunden".

Wer in die Räume einziehen wird, ist noch nicht bekannt. Angeblich sind erste Verhandlungen mit einer Modeschmuckkette geführt worden. "Am Samstag war letzter Verkaufstag, jetzt bauen wir unser Inventar ab und sind zum Ende des Monats draußen", erklärt der Unternehmenssprecher. Die Mitarbeiter würden auf jeden Fall in anderen Filialen untergebracht.

Endgültig Schluss war ab Samstag auch bei "Kult" in der Wenzelgasse. Seit Wochen lockt der Anbieter junger Mode mit Preisnachlässen von bis zu 70 Prozent. Ungewiss ist hingegen die Zukunft von "Butlers" im gleichen Gebäude. Denn bisher kann nur spekuliert werden, ob die Kette auch in Zukunft Wohn- und Haushaltsartikel verkaufen wird. "Wir stehen im Kontakt mit dem Vermieter. Mehr kann ich zum aktuellen Zeitpunkt leider nicht sagen", antwortet Bianca Kaufmann vom Kölner Unternehmen auf GA-Anfrage. In zwei Wochen könne man eine endgültige Aussage machen.

"SugarFree", ehemals an der Ecke Remigiusplatz/Am Hof angesiedelt, hat längst die Umzugskisten gepackt. In der Sternstraße steht ein Ladenlokal in bester Lage direkt am Dreieck leer, in der Brüdergasse räumt ein kleiner Schuhladen aus. "Auch wir sind nicht begeistert, wenn Geschäfte aufgegeben werden", sagt Uwe Stephan vom Einzelhandelsverband. Doch die "Player" in der Innenstadt seien nun mal die Immobilieneigentümer. "Die bestimmen die Konditionen und geben damit die Spielregeln vor. So funktioniert nun einmal die freie Marktwirtschaft", so Stephan. Einfluss könne der Verband nicht nehmen.

Mit dem geplanten Nordfeld und dem Viktoriakarree wird sich die Struktur des lokalen Einzelhandels weiter verändern, ist er sich sicher. "Bonn bleibt aber auf jeden Fall eine attraktive Einkaufsadresse." Das wissen auch namhafte Konzerne. Derzeit soll Peek & Cloppenburg auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie in der Innenstadt sein, die sowohl über ausreichend Fläche als auch über die passende räumliche Aufteilung verfügt. Denn: "Nicht jeder leerstehende Komplex ist für jedes Unternehmen geeignet", weiß Uwe Stephan. Für einige der verwaisten Ladenlokale würde sich zudem bereits die Gastronomie interessieren.

Einzelhandel wirbt mit Kundennähe

Die Nähe zum Rhein, die gastronomische Vielfalt in der City und nicht zuletzt Service und Beratung der Einzelhändler machen Bonn zu einer idealen Einkaufsadresse. "Die Stadt hat wirklich viel zu bieten", schwärmt Ronald Manderscheid vom Verein City-Marketing. Um noch einprägsamer auf die Vielfalt von Handel und Gewerbe hinzuweisen, unterstützt er gemeinsam mit dem Einzelhandelsverband die landesweite Aktion "Heimat Shoppen".

Was auf Initiative der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein im vergangenen Jahr erstmals getestet wurde, soll jetzt auch in Bonn und der Region umgesetzt werden: Am 11. und 12. September werden die Einkäufe in Geschäften und Kaufhäusern in spezielle Papiertüten mit aufgedruckter Sonne und dem Logo "Heimat-Shoppen" verpackt.

"Ich wünsche mir, dass sich die ganze Stadt dann in ein weiß-gelbes Tütenmeer verwandelt", hofft Uwe Stephan vom Einzelhandelsverband. Unterstützt wird die Imagekampagne auch von der Wirtschaftsförderung der Stadt.

Den Organisatoren geht es nicht darum, Front gegen den Online-Handel zu machen. "Wir wollen vielmehr den Vorteil des stationären Handels hervorheben", so Stephan. "Der Kunde soll sensibilisiert werden, dass er mit seiner Kaufentscheidung unmittelbaren Einfluss auf sein direktes gesellschaftliches und städtisches Lebensumfeld nehmen kann", argumentiert der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes.

Denn der stationäre Handel sichere Arbeitsplätze, zahle Gewerbesteuer und stelle Ausbildungsplätze zur Verfügung. "Es gibt genug Gründe, um den Einkauf in der Stadt zu erledigen und nicht mit der Maus auf Tour zu gehen", ergänzt Uwe Stephan. Kurze Wege, kompetente Beratung und ein umfassendes Sortiment seien Garanten für einen funktionierenden Handel. Wer wohnortnah einkauft, der tue zudem auch der Umwelt etwas Gutes. "Denn die Belastung durch lange Fahrten zu Outlets oder großen Malls entfällt", so Stephan.

Natürlich seien viele Bonner internetaffin, ist sich Ronald Manderscheid sicher. "Wir wollen gar nicht mit dem erhobenen Finger drohen, sondern auf unsere Kompetenzen hinweisen." Die gemeinsamen Einkaufstaschen seien dafür ein ideales Mittel. "Bonn ist eine liebenswerte Stadt, in der es sich sehr gut leben, arbeiten und einkaufen lässt. Das wollen wir mit der Aktion nochmal ins Bewusstsein der Einwohner bringen", so Manderscheid.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Stärken erkennen
Frauen trainieren den Wiedereinstieg in den Beruf Stärken erkennen