Innenstadt Bonn Demonstranten setzten ein Zeichen für kulturelle Freiräume und Subkultur

BONN · "Kreativität wird hier vergrault, weil alles stirbt, wenn einer mault!", "#Bonnstirbt" oder auch "Pssst! Leise! Ruhe! Bonn!" war auf den Schildern der Demonstranten zu lesen, als sie am Samstag für mehr kulturelle Freiräume und Subkultur in der Innenstadt auf die Straßen gingen.

Nach Schätzungen der Polizei waren zeitweise rund 1000 Menschen vom Kaiserplatz zum Friedensplatz unterwegs. Die Initiatoren Elvin Ruic, Lukas Hess, Edward Ellrott, David Siebertz, Sebastian Alt und Patrick Raschke setzten sich zu Beginn ihres Protestzuges zum Ziel "ein friedliches und positives Zeichen zu setzen, dass Bonn noch lebendig ist und frischer, junger Kultur bedarf".

Ihr Ziel haben die sechs Musiker und DJs erreicht: Ihr Protestzug glich eher einer Party, denn einer Demonstration. Es wurde getanzt, Musik gemacht, diskutiert, und viele Passanten, die aus Interesse stehengeblieben waren, wurden auf die Kultur-Problematik in Bonn aufmerksam. Spontan legte der Zug am Beethoven-Denkmal auf dem Münsterplatz eine Schweigeminute für Bonn ein - getreu dem Motto: "Es war hier immer so laut." Mit seinem Logo "Pssst! Leise! Ruhe! Bonn!" hat Marc John in Anlehnung an das Stadt-Logo "Freude. Joy. Joie. Bonn." ein beliebtes Zeichen für die Bewegung geschaffen. Während der Demo verteilte er seine Sticker, die ihm förmlich aus der Hand gerissen wurden.

Auch wenn die Demonstration Menschen aller Generationen verband, waren die jungen Menschen aber in der Überzahl. "Ich bedauere, dass nur so wenige ältere Menschen hier sind. Da hätten ruhig mehr kommen können, denn die Stadt macht sich mit ihrer Politik selber alt", sagte der 70-jährige Hartmut Burow.

Unter die Demonstranten hatten sich auch Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, Kabarettist Konrad Beikircher und Kunst!Rasen-Initiator Martin Nötzel gemischt. Die jüngsten Entwicklungen innerhalb der Bonner Kultur machen vielen Menschen Sorgen. So hat sich vor allem auf Facebook mit der Seite "Bonn kann mehr - Rettet das Bönnsche Lebensgefühl" eine starke Gemeinschaft von mehr als 29 000 Bonnern zusammengetan, die sich für die Rettung von Großveranstaltungen sowie den Erhalt von Open Air-Events einsetzt.

Wegen des großen Interesses haben die jungen Bonner Musiker ihre Demo für "Freiräume und Sub_Kultur" auch vorverlegt. "Eigentlich hätte die Demo erst am 22. März stattfinden sollen, die Planungen dafür liefen schon 2013", erklärte Edward Ellrott. Und: "Wir nutzen nun den Schwung der Facebook-Gruppe". Ein erster Erfolg der Initiative kann laut Elvin Ruic auch schon verbucht werden: "Es ist doch schon verwunderlich, dass innerhalb von 24 Stunden ein neuer Standort für die Klangwelle gefunden wurde - vor einer Demo und einer Podiumsdiskussion zum Thema Kultur in Bonn".

"Wir fordern Freiräume für unser kulturelles Leben. Für unsere Subkultur, die nicht im Rhein ertränkt wird durch Bürokratismus, dessen Sinnhaftigkeit sehr deutbar ist", erklärte Ruic bei seiner Rede, die er auf der Treppe am Alten Rathaus hielt. "Was der eine als Lärm empfindet, ist für den anderen Ausdruck des Lebensstiles - für den einen Lärm im Ohr, für den anderen Musik im Ohr!"

Laut Ruic gehe es um Kommunikation, um Kultur, um Identifikation, um Ausschöpfung aller Ressourcen zur Gestaltung dieses wunderbaren städtischen Raumes namens Bonn. Er machte aber auch deutlich, dass sie nicht gegen die Anwohner "zu Felde ziehen", sondern den Dialog suchen möchten - und dazu bräuchten sie die Unterstützung und Hilfe der Politik.

Die Facebook-Gruppe "Bonn kann mehr - Rettet das Bönnsche Lebensgefühl" lädt für Montag zur Podiumsdiskussion unter dem Titel "Kann Bonn mehr als nur Beethoven und Kongress-Standort?" ins Brückenforum Beuel, Friedrich-Breuer-Straße 17, ein. Ab 19 Uhr diskutieren Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, die Veranstalter Jürgen Harder und Hans-Joachim Fandel sowie Lukas Hess von der Demo für Freiräume und Subkultur. Der Eintritt ist frei, Einlass ab 18 Uhr.

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