Leitstelle der Stadtwerke Bonn Busse unter Beobachtung

BONN · Uwe Feierabend überwacht die sechs Bildschirme - jeweils zwei übereinander türmen sie sich vor seinem Schreibtisch auf wie eine Wand. Auf dem einen ist auf einer Karte der Bertha-von-Suttner-Platz zu sehen, auf einem anderen erkennt man schematisch die Busse der Linien 615 und 640 und ihre Haltestellen.

 In der Leitstelle an der Thomas-Mann-Straße haben die Mitarbeiter das Netz fest im Blick.

In der Leitstelle an der Thomas-Mann-Straße haben die Mitarbeiter das Netz fest im Blick.

Foto: Horst Müller

Unten, in der Mitte, leuchtet eine Meldung rot auf. Auf dem benachbarten Bildschirm ist auch der dazugehörige Bus rot markiert. Die 640 ist 1:20 Minuten zu früh abgefahren, meldet das System. "Verspätungen sind sehr ärgerlich", sagt Leitstellenchef Joachim Schallenberg, "aber zu früh zu fahren, ist tödlich". Und schickt einen Hinweis an den Fahrer "Bitte Fahrtzeit beachten!"

Von der Leitstelle an der Ecke Thomas-Mann-/Rabinstraße aus haben die Stadtwerke Bonn (SWB) 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, das Streckennetz im Blick. Busse können in Echtzeit beobachtet werden. So weiß Feierabend beispielsweise, dass der Bus der Linie 640 sich im Augenblick genau 375 Meter hinter der Haltestelle Bertha-von-Suttner-Platz befindet.

Alle Daten aus dem gesamten Streckennetz laufen in der Leitstelle ein. Bei Störungen kann sofort eingegriffen, der Verkehr umgeleitet oder Ersatzverkehr eingesetzt werden. Bei den Fahrgästen kommen die vorliegenden Informationen aber bislang nicht immer an.

Seit 2007 setzt die Stadtwerke-Tochter Bus und Bahn ein umfassendes Modernisierungsprojekt um. Schritt für Schritt wird ein "Intermodales Transport- und Steuerungssystem" (ITCS) eingeführt. Ziel ist es auf einem zentralen Rechner alle anfallenden Daten aller Prozesse im Betrieb zusammenzuführen - von Steckbriefen der Fahrzeuge für die Wartung bis zu deren aktuellem Standort über Satellitenortung, von der Zugleittechnik bis zu den Ticketsystemen.

Im Wesentlichen gehe es darum, interne Abläufe zu synchronisieren und so zu verbessern, erklärt SWB-Pressesprecher Werner Schui. Über Digitalfunk kann die Leitstelle außerdem mit den Bus- und Bahnfahrern kommunizieren. Busfahrern kann per Bordcomputer mitgeteilt werden, dass sie kurz auf eine verspätete Bahnlinie warten sollen - maximal drei Minuten Wartezeit sind dafür vorgesehen.

An einigen Bushaltestellen im Bonner Stadtgebiet sind inzwischen "dynamische Fahrgastinformationsanzeigen" in Betrieb. Sie nennen den wartenden Fahrgästen die exakten prognostizierten Ankunftszeiten der Linien. Dort und auf den Anzeigen innerhalb der Bahnen und Busse sowie über Durchsagen können die Fahrgäste seit diesem Jahr auch über Störungen durch Hochwasser, Stau und Demonstrationen, über Anschlüsse, Verspätungen und Umleitungen informiert werden. Auch die Website der Stadtwerke, die mobile App "SWB easy.GO" und der eigene Twitter-Account verbreiten die Daten.

Allerdings: Im Busnetz sind bislang nur die zwölf großen Umschlagplätze wie der Beueler und Bad Godesberger Bahnhof, die Haltestellen Thomas-Mann-Straße und Bertha-von-Suttner-Platz mit den Anzeigetafeln ausgestattet. Wartende an anderen Bushaltestellen erreichen die Informationen also nicht unbedingt.

Geplant und beschlossen seien weitere 40 Standorte, für die laut Schui allerdings noch keine Förderzusage vorliege. Und auch am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) gibt es solche Anzeigen bislang nicht. Dort werde zunächst der geplante Umbau abgewartet. Weiteres Manko: Von den Partnern im Verkehrsverbund Rhein/Sieg werden nicht die gleichen, umfangreichen Daten zur Verfügung gestellt. Dabei spiele die VRS-Datendrehscheibe, die Nach- und Aufrüstungsbedarf habe, eine große Rolle.

Die Tafeln an den Bahnhaltestelle zeigen schon lange eine angepasste Ankunftszeit an. Allerdings: Die dahinterliegende Technik ist eine andere - Berührungspunkte an den Gleisen signalisieren den Standort der Bahn an die Leitstelle - und längst nicht so genau, wie Echtzeitbeobachtungen und Prognosen bei den Bussen. Auch das wollen die SWB in der jetzt gestarteten dritten Phase des Projekts optimieren.

Uwe Feierabend ist selbst sieben Jahre lang Bahn gefahren, war danach im Außendienst tätig. "Wir haben in den vergangenen Jahren erheblich investiert, um unsere Mitarbeiter durch Schulungen fit für die neue Technik zu machen", sagt Reining. Die Umstellung falle nicht immer allen Mitarbeitern leicht. So hätten einige Busfahrer Hemmungen, die Kunden direkt anzusprechen. Auch das führe bisweilen dazu, dass die Fahrgäste nicht zur vollen Zufriedenheit informiert seien.

An jenem Mittag ist alles ruhig in der Leitstelle an der Thomas-Mann-Straße. Am Informationsplatz für das Bahnnetz ist eine Störungsmeldung aus einem der Aufzüge aufgeschlagen - wie häufig nur ein Fehlalarm. Und Uwe Feierabend muss erneut einen Busfahrer ermahnen, nicht zu früh loszufahren. Wenn Störungen auftreten - ein Autounfall auf den Straßenbahnschienen beispielsweise - oder Großveranstaltungen anstehen, kann sich das schnell ändern.

"Hektik sind wir gewohnt, wir werden eher nervös, wenn - wie jetzt - wenig los ist", sagt der 55 Jahre alte Fahrdienstleiter. Die kommenden Jahre bringen in solchen Fällen eine immer dichtere und verlässlichere Informationen für die Fahrgäste, kündigen die Stadtwerke an. Aber: "Berufsverkehr ist Berufsverkehr", dämpft Reining die Erwartungen der Kunden. An Reaktion und Information der Fahrgäste kann der Verkehrsbetrieb feilen, Störungen zu verhindern, liege in den meisten Fällen nicht in seiner Hand.

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