Rebekka Toyka Bonnerin arbeitete mit ihrer Tochter im Erdbebengebiet

BONN · Als alleinerziehende Mutter mit einem Kleinkind in ein Erdbebengebiet zu ziehen, um dort als Projektkoordinatorin für ein Wiederaufbauprojekt zu arbeiten, das würden sich sicher nicht viele Frauen zutrauen. Rebekka Toyka hat es getan. Und sie ist sich sicher, dass es die Erfahrung wert war.

 Rebekka Toyka und Kiana haben die Sommerkleidung gegen warme Winterkleidung getauscht.

Rebekka Toyka und Kiana haben die Sommerkleidung gegen warme Winterkleidung getauscht.

Foto: Privat

Nach einem halben Jahr hatte der GA kurz vor Weihnachten 2012 schon einmal über das Mutter-Tochter-Duo im Einsatz für die Organisation Help - Hilfe zur Selbsthilfe berichtet. Jetzt sind Rebekka und Kiana wieder zurück am Rhein und haben die Sommer- mit warmer Wollkleidung getauscht.

"Bist Du völlig bescheuert?", hatten 2012 die ersten Reaktionen der Umwelt auf ihr Vorhaben gelautet, erinnert sich Toyka. Nein, die Zeit in Haiti war gut, meint Toyka. "Und zwar für uns beide. Ich weiß, dass ich eine sinnvolle Tätigkeit ausgeübt habe, die mich begeistert und erfüllt hat", erzählt die 37-Jährige.

Und auch die damals zweieinhalbjährige Kiana hatte den Kulturumschwung schnell weggesteckt. "Sie hat sich bald der Situation angepasst - und das hat mir die Sorge genommen. Sie hat in rasantem Tempo Französisch und Creole gelernt", erzählt Toyka begeistert. Mit Hilfe einer Nanny und eines Kindergartens war die Kleine bald schon so weit, zu sagen: "Mama, ich habe zwei Zuhause - eins in Bonn und eins in Haiti."

Dieses Gefühl, auch auf der Karibikinsel zu Hause zu sein, habe die Tochter dann auf die Mutter übertragen. Das half Toyka. Sie leitete ein Projekt, bei dem 250 Familien, allesamt Erdbebenopfer, Übergangshäuser und Latrinen erhielten. 250 weitere Familien mussten mithilfe eines Teams aus 20 haitianischen Mitarbeitern ebenfalls betreut werden.

"Bis zum Projektende haben wir insgesamt 458 Übergangshäuser und 695 Latrinen gebaut. Mich hat dieses Projekt fasziniert, da es konkrete Ziele verfolgte: Den Menschen nach dem Erdbeben wieder ein würdiges, sicheres Leben zu ermöglichen," berichtet Toyka. Die Resonanz sei enorm gewesen. "Zu sehen, wie sich sichtbar das Lebensgefühl für die Familien verbessert, hat mich sehr bestätigt und erfüllt. In unserer Projektregion Leogane und Petit Goave konnten so sämtliche Camps geschlossen werden."

Ja, es habe natürlich auch Momente gegeben, in denen ihr Haiti zu viel wurde: Malariaerkrankungen, der ständige Dreck im Ort, die übliche Müllverbrennung vor der Haustür, Kianas Weigerung, auf der Straße als auffälliges weißes Kind ständig von fremden Menschen angefasst zu werden, keine Möglichkeit zu haben, ein Hobby auszuüben, kaum Zeit für eigene Bedürfnisse zu finden - die Liste der Beschwernisse konnte an manchen Tagen sehr lang werden.

Da lockte die Sehnsucht nach Deutschland. "Aber da ich über eine Steh-Auf-Männchen-Mentalität und einen ausgeprägten Optimismus gepaart mit rheinischem Humor verfüge, habe ich diese Gedanken immer gut überwunden." Jetzt lacht Toyka befreit. Der Einsatz mit ihrer starken Tochter hat sich gelohnt. Zurück in Bonn denken beide gerne an ihre Zeit auf Haiti zurück.

Help in Haiti

Seit dem Erdbeben in Januar 2010 hat Help erst Nothilfe im Katastrophengebiet geleistet und sich dann mit Wiederaufbauprojekten in Haiti engagiert. Neben dem Bau von soliden Übergangshäusern, verbesserte Help die hygienischen Rahmenbedingungen der Bevölkerung mit Latrinen, Hygienekursen und der Verteilung von mobilen Wasserfiltern.

Daneben baute man eine Fußballschule auf, reparierte ein Krankenhaus sowie eine Schule und errichtete einen Flutgraben und ein Ausbildungszentrum.Einige der 24 Help-Projekte laufen noch, dabei wurde/wird für fast acht Millionen Euro Hilfe geleistet.

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