Ehrenamtliche Schiedspersonen Bevor der Streit vor Gericht landet

BONN · Menschen, die Lucie Hamelbeck gegenübersitzen, haben meistens Ärger: Ein Streit oder eine Meinungsverschiedenheit ging dem Besuch bei Hamelbeck voraus.

 "Sobald eine neutrale Person dabei ist, hören sich die Leute besser zu", Schiedsfrau Lucie Hamelbeck

"Sobald eine neutrale Person dabei ist, hören sich die Leute besser zu", Schiedsfrau Lucie Hamelbeck

Foto: Flick

Die Kontrahenten kommen in der Hoffnung, nach diesem Gespräch wieder friedlich auseinanderzugehen, denn Lucie Hamelbeck ist Schiedsfrau und setzt sich dafür ein, Auseinandersetzungen zwischen zwei Privatpersonen zu schlichten. "Meine Aufgabe ist es, beide Kontrahenten zu einer Lösung zu bringen", erklärt Hamelbeck, die diese ehrenamtliche Aufgabe vor sechs Jahren übernommen hat.

Damals hat sich die hauptberufliche Volkswirtin auf einen Aufruf der Stadt Bonn gemeldet, die eine neue Schiedsperson für den Teilschiedsamtsbezirk 1 suchte. Insgesamt ist Bonn in zwölf Teilschiedsamtsbezirke eingeteilt, in jedem gibt es eine erste und eine stellvertretende Schiedsperson. "Ich dachte mir, dass diese Aufgabe doch ganz interessant sein müsste." Lucie Hamelbeck gab ihre Bewerbung bei der Stadt ab. Nach der erforderlichen Zustimmung durch die Bezirksvertretung wurde sie - wie alle Schiedspersonen - beim Amtsgericht für fünf Jahre vereidigt. Vergangenes Jahr verlängerte sie. In den zurückliegenden sechs Jahren hat die 50-Jährige zahlreiche Konflikte zwischen Privatpersonen erlebt und erfolgreich geschlichtet. So erinnert sie sich an den Fall mit einem Weihnachtsbaum, der vom Balkon geworfen wurde und ein Fahrzeug beschädigte. "Die Beteiligten haben sich dann bei mir geeinigt."

Oft sind es kleine Nachbarschaftsstreitigkeiten, die es zu schlichten gilt: Ein Mieter fühlt sich vom Lärms seines Nachbarn belästigt oder stört sich an dem Zigarettenqualm, der über den Balkon permanent in seine Wohnung zieht. Auch Konflikte, die durch eine beengte Parkplatzsituation vor der Haustür entstehen, hat Hamelbeck schon erlebt. "Das sind eigentlich Kleinigkeiten, aber wenn sie ständig vorkommen, kann sich schnell Ärger aufbauen. Es kommt auch vor, dass sich lange vor dem Streit einiges angestaut hat, dann wird es ganz schwer", weiß die Schiedsfrau.

Manchmal sei beim Gespräch ein bisschen Geduld gefordert, bis sich die beiden Kontrahenten einigten, aber die Erfolgsquote ist hoch: "Ich würde sagen, in 80 Prozent der Fälle einigen die sich", sagt Hamelbeck. Neben Geduld sind auch ein gewisses Einfühlungsvermögen und Vorurteilslosigkeit der jeweiligen Situation gegenüber Voraussetzungen dafür, das Ehrenamt erfolgreich ausführen zu können, meint Hamelbeck. In der Ausbildung, die jeder durchlaufen muss, bevor er das Ehrenamt der Schiedsperson ausüben darf, hat sie unter anderem Mediationsseminare besucht und Einführungen ins Straf- und Privatrecht erhalten.

Etwa ein Dutzend Fälle behandelt Hamelbeck pro Jahr. Dabei kommt es auch schon mal vor, dass sie einen der beiden Kontrahenten persönlich kennt: "Das ist aber kein Nachteil", meint die Schiedsfrau. In der Regel reicht ein ein- bis zweistündiges Gespräch zur Streitschlichtung aus. "Sobald eine neutrale Person dabei ist, hören sich die Leute besser zu." Nachdem sich beide Parteien geeinigt haben, schließen sie einen Vertrag, um die Einigung festzuhalten. Viele "Streithähne" wollen eigentlich gleich zum Gericht, doch bei Lärmbelästigung oder einer Schlägerei beispielsweise wird immer erst einmal auf die zuständige Schiedsperson verwiesen. "In solchen Fällen müssen sie sogar erst zur Schiedsperson, bevor Klage erhoben werden kann", erklärt Lucie Hamelbeck.

Schiedspersonen

Derzeit sucht die Stadt je eine Schiedsperson für den Teilschiedsamtsbezirk 2 (südliches Kessenich, Dottendorf, nördliches Friesdorf, Gronau und Hochkreuz) sowie den Bezirk 8 (Weststadt, Endenich, Meßdorf, Lessenich, Tannenbusch, Dransdorf). Wer dort wohnt, Interesse an der Aufgabe hat und zwischen 30 und 70 Jahre alt ist, kann sich schriftlich bis 31. Januar bei der Bundesstadt Bonn, Bürgerdienste, Stadthaus, Berliner Platz 2, 53 103 Bonn, bewerben. Das Ehrenamt ist ab dem 1. April zu besetzen.

Weitere Informationen gibt es auf www.bonn.de/@schiedspersonen und bei Helmut Beines (Bürgerdienste) unter Tel. 0228/772546.

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