OB-Kandidatur bei der SPD "Beide geben eine gute Figur ab"

BONN · Engelbert Seuren, der Geschäftsführer der Bonner SPD musste noch jede Menge Stühle in den Kleinen Saal der Godesberger Stadthalle schleppen, wo sich mehr als 100 Bürger, die Vorstellung der beiden potenziellen OB-Kandidaten der SPD, Ernesto Harder (37) und Peter Ruhenstroth-Bauer (58), nicht entgehen lassen wollten.

 Partei- und Fraktionschef Ernesto Harder will nur das versprechen, was er auch halten kann.

Partei- und Fraktionschef Ernesto Harder will nur das versprechen, was er auch halten kann.

Foto: Barbara Frommann

Obwohl Harder und Ruhenstroth-Bauer aufgrund ihres jeweiligen beruflichen und politischen Hintergrunds öffentliche Auftritte gewohnt sind, konnten sie eine gewisse Nervosität nicht verbergen. Harder, seit mehr als zehn Jahren auf der kommunalpolitischen Bühne als Ratsmitglied und mittlerweile auch als Partei- und Fraktionschef in Bonn zu Hause, räumte freimütig ein: "Ja, natürlich bin ich auch ein bisschen aufgeregt."

Doch er und auch sein gut 20 Jahre älterer Mitbewerber Ruhenstroth-Bauer fanden sich schnell in ihren Rollen zurecht. Beide gaben, so das Fazit vieler am Ende, eine "gute Figur" ab. Auf einen Kandidaten festlegen wollten sich die meisten noch nicht. "Ich muss den Abend erst einmal auf mich wirken lassen", sagte Anette Kohlmey.

Klar, dass es angesichts der aktuellen Sparpläne viele Fragen zu den Kammerspielen gab. "Bevor irgendetwas geschlossen wird, möchte ich wissen, was mit dem Haus geschieht", sagte Ruhenstroth-Bauer, wohl wissend, dass so manchem im Saal diese Antwort nicht gefallen würde. "Auch ich kann Ihnen dazu keine Antwort geben, die Sie gerne hören wollen", sagte Harder. Eine Standortdebatte gebe es für ihn nur, wenn klar sei, was dann stattdessen dorthin kommen solle. "Ich möchte auf jeden Fall die drei Sparten in Bonn erhalten", kündigte er an.

Die Moderatorin, Vize-Bezirksbürgermeisterin Hillevi Burmester, mahnte, es gebe auch noch viele andere Themen und forderte damit unter anderem auch Fragen zur Motivation der beiden für ihre Kandidatur heraus. Ruhenstroth-Bauer, einst Staatssekretär in Berlin und heute als Rechtsanwalt für Kommunikations- und Strategieberatung tätig, meinte, "ich habe mich immer mit meiner Heimatstadt verbunden gefühlt und möchte meine Erfahrungen gewinnbringend für Bonn einbringen." Harder, der als promovierter Politologe in einer Unternehmensberatung tätig ist, liegt eine erfolgreiche Zukunft Bonns natürlich ebenfalls am Herzen.

Beide Bewerber absolvierten gestern Abend vor etwa 70 Teilnehmern im Ortsteilzentrum auf dem Brüser Berg ihre zweite Vorstellungsrunde.

0 Noch zweimal haben alle Bonner die Gelegenheit, die beiden SPD-Anwärter für die OB-Kandidatur auf öffentlichen Veranstaltungen kennenzulernen: Am Dienstag, 3. Februar, ab 19 Uhr, im Uni-Club an der Konviktstraße 9, sowie am Donnerstag, 5. Februar, ab 20 Uhr im Rathaus Beuel, Friedrich-Breuer-Straße. Die Nominierung findet auf einer parteiinternen Mitgliederversammlung am Samstag, 28. Februar, in der Gesamtschule Beuel statt.

Hinter den Kulissen sind sich die Roten nicht grün

So geschlossen der Auftritt von Ernesto Harder und Peter Ruhenstroth-Bauer wirkt: Hinter den Kulissen der Bonner SPD sind sich führende Genossen offenbar untereinander längst nicht so grün, wie es nach außen hin den Anschein hat. Vielmehr ist eine Spaltung in zwei Lager bis in die Ratsfraktion hinein zu beobachten.

So ist die Verwunderung mancher Sozis über die Bewerbung des im öffentlichen Politbetriebs in Bonn bis dahin eher unbekannten Anwalts Peter Ruhenstroth-Bauer groß. Eingeweihte erklären sie damit, dass einige Kräfte innerhalb der SPD eine Nominierung von Parteichef Harder zum OB-Kandidaten verhindern wollten, weil er angeblich zu wenig Führungserfahrung besitze.

In dem Zusammenhang fällt der Name des Bonner SPD-Landtagsabgeordneten Bernhard von Grünberg, der Ruhenstroth-Bauer ins Spiel gebracht hat. "Ich habe Herrn Ruhenstroth-Bauer der Findungskommission wegen seiner langjährigen Verwaltungserfahrung empfohlen. Damit wende ich mich aber nicht gegen Ernesto Harder", betonte von Grünberg gestern. Dabei ist intern bekannt, dass von Grünberg und Harder nicht gerade die besten Freunde sind. Der Parteichef soll dem als eigenwillig geltenden Landtagsabgeordneten schon ordentlich auf die Füße getreten sein, heißt es.

Gleiches gilt für den früheren Ratsherrn Martin Schilling, den Ruhenstroht-Bauer ebenfalls zu seinen Unterstützern zählen kann. "Ich kenne ihn schon lange", bestätigt Ruhenstroth-Bauer. Schilling, den Harder vor Jahren bei einer Kandidatennominierung für den Stadtrat auf einen hinteren Listenplatz verdrängt hatte, ist Gesellschafter einer Agentur, die einst im Zusammenhang mit dem WCCB-Skandal in die Schlagzeilen geriet und den SPD-Kommunal- Wahlkampf 2009 bewarb. Schilling gilt zudem als einer der engsten Vertrauten des amtierenden OB Jürgen Nimptsch.

Parteichef Harder kündigte später den Vertrag mit Schillings Agentur und beauftragte mit dem Landtagswahlkampf 2010 eine andere. "Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man Auftragnehmer immer wieder wechseln sollte", erklärt er heute. Zum intern schwelenden Streit um seine Person wollte er sich nicht äußern "Die SPD hat zwei gute Bewerber, entscheiden werden die Mitglieder Ende Februar", sagte Harder. 2008 hatte er zugunsten Nimptschs seine Bewerbung als OB-Kandidat zurückgezogen.

Dabei müsste dem Parteichef eigentlich bekannt sein, dass in Hinterzimmern schon jetzt über seinen möglichen Rücktritt als SPD-Chef spekuliert wird. Interessanterweise fällt in dem Zusammenhang immer wieder der Name des ehemaligen SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzenden Wilfried Klein als möglichen Nachfolger Harders. Klein war bis zu seinem Wechsel in ein Landesministerium Geschäftsführer des als SPD-nah geltenden Willi-Eichler-Bildungswerks in Köln. Auf diesem Posten sitzt jetzt Martin Schilling.

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