Mitarbeiter der Abteilung Strahlenschutz Anklage: Korruption im Uni-Dezernat 4

BONN · Seinen Job als Leiter der Abteilung Strahlenschutz und Labortechnik im Dezernat 4 der Bonner Universität ist ein 43-Jähriger los. Stattdessen wird sich der Bonner demnächst auf der Anklagebank vor der Wirtschaftsstrafkammer verantworten müssen.

Wie Oberstaatsanwältin Monika Volkhausen gestern mitteilte, wurden der ehemalige Abteilungsleiter, sein Stellvertreter, ein Mitarbeiter sowie eine mutmaßliche Komplizin wegen Bestechlichkeit, Bestechung, Betrug und Untreue - alles im besonders schweren Fall - in insgesamt fünf Fällen angeklagt. Zwischen 2011 und 2013 soll das Quartett vier Aufträge ausgeführt haben, die sie laut Anklage gar nicht machen durften. Den Lohn für die Arbeiten scheinen sie komplett in die eigene Tasche gesteckt zu haben - die Rede ist von 240.000 Euro.

Die Abteilung Strahlenschutz regelt den Umgang mit radioaktiven Stoffen und ist zuständig für die Überwachung und Kontrolle der behördlichen Aufgaben wie beispielsweise die Entsorgung und Lagerung radioaktiver Abfälle. Zu den Aufgaben gehören zudem so genannte "Freimessungen": In solchen Fällen wird die radioaktive Strahlung von Räumen gemessen, die zukünftig in anderer Art und Weise genutzt werden sollen.

Genau solche Messungen sollen die drei Uni-Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit mit den Gerätschaften der Uni bei "Fremdinstituten" und Firmen gemacht haben - obwohl sie laut Volkhausen nur Universitätsintern arbeiten durften. Damit ihre Machenschaften nicht auffallen, sollen sie die Geschäfte in zwei Fällen über eine Firma abgewickelt haben, in der die 44 Jahre alte Mitangeklagte arbeitete - obwohl dieses Unternehmen solche Messungen laut Anklage gar nicht anbot. Dabei soll auch das Ausschreibungsverfahren manipuliert worden sein.

Für zwei weitere Messungen soll von den Männern eine eigene Firma gegründet worden sein. "Es wurde damit geworben, dass sie mit der Uni kooperiert", so die Oberstaatsanwältin. Aufgeflogen war das Trio erst, nachdem auf Uni-Kosten ein Gammaspektrometer im Wert von 120.000 Euro bestellt wurde.

Anscheinend haben sich die Beschuldigten noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der Ex-Abteilungsleiter soll lediglich behauptet haben, dass für die Anschaffung des Gammaspektrometers ein berechtigter Grund vorgelegen habe. Die nicht vorbestraften Männer wurden nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe von der Uni entlassen. Ein Prozessbeginn steht noch nicht fest.

Laut Thomas Archut, Sprecher der Uni, wurde der Fall nach Bekanntwerden "sehr genau angeschaut" und die "Verfahren überprüft". Im Bezug auf eine mögliche Prävention von Korruptionsfällen seien jedoch keine konkreten Änderungen beschlossen worden. Archut betonte, dass die Universität seit vielen Jahren versuche, Korruption zu verhindern. Er wies beispielsweise auf die Position des Anti-Korruptionsbeauftragten und entsprechende Seminare für Führungskräfte hin.

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