Möglichkeiten vorgestellt Am Nordfeld scheiden sich die Geister

BONN · Die vier Bewerber präsentieren den Bürgern ihre Pläne für den Bahnhofsvorplatz. Und wieder bestimmt Kritik das Bild. Wer die Wahl hat, hat die Qual - auch bei Bauprojekten. Um den Bonnern die Entscheidung zu erleichtern, welchem Entwurf für das Nordfeld sie am liebsten ihre Zustimmung geben würden, hat die Stadt Bonn am Mittwochabend eine Bürgerinformation im LVR-Landesmuseum veranstaltet, wo alle vier Bewerber ihre Entwürfe in Kurzreferaten vorstellten.

Eine klare Tendenz, wer den Zuschlag bekommen sollte, gab es nicht. Auch der Städtebau- und Gestaltungsbeirat, der zuvor tagte, sah sich dazu nicht in der Lage. Die Architekten in diesem Gremium vermissten eine umfassende Information mit Bauplänen und weiteren Details, weshalb sie nach zehn Minuten die Diskussion ergebnislos und verärgert abgebrochen haben.

Die Bürger jedoch diskutierten 90 Minuten lang, stellten viele Fragen zu Architektur und Nutzungskonzepten, zu Platzgestaltung, Abständen zum Bahnhofsgebäude sowie zur Anlieferung der Waren. Und hielten auch mit Meinungsäußerungen nicht hinterm Berg. "Diese Klötze bauen den Bahnhof zu und erdrücken ihn, das finde ich sehr enttäuschend", meinte ein Bürger, der bei drei der vier Entwürfen nur "gerade Linien und rechte Winkel" erkennen konnte. "Dagegen ist die Südüberbauung mit ihren Erkern aufregend."

Viel Applaus der rund 100 Bürger gab es auch für die Aussage eines anderen Mannes: "Die Architektur der Entwürfe ist konservativ und langweilig." Außerdem würden die Pläne zu wenig Wohnraum in den Neubauten vorsehen. Die Architekten der vier Bewerber mühten sich nach Kräften, dagegen zu halten. Grundsätzlich, so argumentierten sie, haben sie auf die so genannte Schmitz-Planung aufgebaut, die seinerzeit zum städtebaulichen Maßstab erklärt worden war (siehe Artikel unten).

Gravierende Unterschiede gab es dennoch bei der Zahl der Gebäude: Drei der vier Bewerber sehen zwei Baukörper über dem Bonner Loch und dem Parkplatz vor, durch die dann neue Wegeverbindungen führen. Ein Bewerber (RMA) sieht im Erdgeschoss eine durchgehende Bebauung vor, die sich aber durch die U-Form zur Maximilianstraße hin öffnet, zumindest ab der zweiten Etage. Große Unterschiede gibt es auch bei dem von der Stadt geforderten Parkhaus an der Rabinstraße entlang der Bahnlinie: Die Entwürfe reichen von drei bis fünf Geschossen mit 260 bis 450 Parkplätzen.

Die Ideen der Planer unterschieden sich auch vom Ansatz her. "Der Bahnhofsvorplatz wird niemals der Favorit der Bürger sein, weil es in Bonn viel schönere Plätze gibt", hieß es in der Präsentation von KK 16. So verzichtet dieser Entwurf auf Plätze, dafür erinnert die Optik an die abgerissenen Gründerzeithäuser. Wegen der klassischen Lösung könnte dieser Plan der Favorit bei vielen Bürgern sein. Entscheiden muss am Ende der Stadtrat.

Von anderen Voraussetzungen gehen die moderner anmutenden Entwürfe aus. "Die developer" widmen sich der Aufenthaltsqualität als Kernthema und sehen gleich zwei Plätze im Entwurf vor. Der RMA-Entwurf legt den Fokus auf die Nutzung für Einzelhandel, wobei es hieß: "Der Blick nach hinten war nicht unsere Grundlage." Und der Plan von Development Partner, die auch das "Kranhaus" in Köln bauten, setzt auf Glas und Fassadenvorsprünge.

Gleichwohl urteilte ein weiterer Bürger: "Die Baumasse findet bei allen Entwürfen keine Zustimmung." Vier bis sechs Etagen vor dem Bahnhof seien "Wahnsinn". Stadtbaurat Werner Wingenfeld verteidigte die Entwürfe und warnte davor, Maßstäbe zu überziehen: "Die Entwürfe bleiben von ihrem Volumen weit hinter dem zurück, was früher dort stand."

Chronik des Bahnhofsvorplatzes

Die Diskussion um den Bahnhofsvorplatz begann, nachdem 1969 die Gründerzeithäuser am Hauptbahnhof für den U-Bahn-Bau abgerissen wurden. Seither konnte zwischen Kaiserplatz und Thomas-Mann-Straße keines der vielen Projekte durchgesetzt werden. Die Südüberbauung wurde als einziges Projekt als Entschädigung für die Ex-Eigentümer der abgerissenen Häuser realisiert.

Als Solitär war sie nie gedacht. Die Pläne reichten von der zehngeschossigen Bebauung über eine Blockbebauung mit Glaskuppeldach ("Ungers-Halle") bis hin zu Alternativplänen der Bahn und des Einzelhandels. Alle fielen vor allem wegen ihrer Massivität durch. Beste Chancen hatte noch das Brune-Konzept: 2002 erhielt die Brune Consult (Düsseldorf) den Auftrag des Rates, das gesamte Areal zu beplanen, mit einer Einkaufsmall über dem Bonner Loch, Gebäude für Einzelhandel und Büros am Busbahnhof sowie einem Hotel oder Büros am Kaiserplatz.

Immer wieder wurden die Pläne geändert, bis ein Bürgerbegehren sie 2004 stoppte. Nach einer Bürgerwerkstatt und einem Runden Tisch beschloss der Rat 2008 einen europaweiten Wettbewerb für die Neugestaltung, den der Kölner Architekt Stefan Schmitz gewann. Auf dieser Grundlage wurde das Nordfeld, also die Flächen zwischen Bonner Loch und Thomas-Mann-Straße sowie an der Rabinstraße, im März 2013 ausgeschrieben. Von zehn eingereichten Entwürfen kamen vier in die engere Wahl.

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