Bonner Amtsgericht Alles nur ein "Missverständnis"
BONN · Die Erleichterung war der 60-jährigen Angeklagten am Ende des Prozesses deutlich anzusehen: Die hohe Beamtin der Bundesnetzagentur konnte das Bonner Amtsgericht gestern verlassen, ohne verurteilt worden zu sein. Die Staatsanwaltschaft hatte nach einer anonymen Anzeige ermittelt und der Frau einen Betrug in Höhe von 380 Euro vorgeworfen.
Bei der Abrechnung von 18 Dienstreisen machte die Frau laut Anklage zwischen September 2012 und Mai 2013 falsche Angaben, um sich persönlich zu bereichern.
Die 60-Jährige, die selber Juristin ist und ständig zwischen den Dienstsitzen Bonn und Mainz pendelt, bestritt allerdings, jemals eine Reise abgerechnet zu haben, die keinen dienstlichen Grund gehabt hatte. In ihren Augen führte ein "Missverständnis" zu unschönen Verwicklungen: Anscheinend hatte eine ehemalige Sekretärin vor etlichen Jahren auf dem Deckblatt des Erstattungsantrags als zweite Wohnanschrift die Adresse eines Tagungshotels in Bonn eingetragen. Der Erstwohnsitz der 60-Jährigen befindet sich in der Nähe von Mainz.
Die Staatsanwaltschaft ging daher davon aus, dass die Angeklagte den Eindruck erwecken wollte, dass sie auch in Bonn wohne und von dort Fahrten bezahlt haben wollte, die es gar nicht gab. Dies bestritt die Angeklagte vehement. Sie räumte ein, das Deckblatt nie überprüft zu haben, wenn eine Sekretärin ihr die Anträge vorgelegt habe. Aus den detaillierten Auflistungen der Dienstreisen seien die wahren Verläufe jedoch klar zu erkennen gewesen. "Es gab immer eine dienstliche Veranlassung."
Nach der Vernehmung einer Kollegin und des Leiters der zuständigen Reisekostenstelle, der eigens am Vortag aus Süddeutschland anreist war und die Kosten für Fahrt und Übernachtung nun als Zeuge erstattet bekommt, sprach Strafrichter Dominik Reppel von einer "irrwitzig komplizierten Angelegenheit". Einen Betrugsvorsatz sah er nach der Beweisaufnahme nicht mehr. Insbesondere an einer erstrebten rechtswidrigen Bereicherung bestünden "begründete Zweifel". Daher wurde das Verfahren mit der Zustimmung aller Beteiligter ohne Auflagen eingestellt.
Bis zum Prozess hatte sich die Frau gefragt, wer sie angezeigt haben könnte. Inzwischen geht sie davon aus, dass es ein ehemaliger Mitarbeiter war, der am Verfahren als Zuschauer teilnehmen wollte. Er musste allerdings als in Frage kommender Zeuge vor dem Saal warten - und wurde schließlich nicht mehr gehört.