Magazin "Exot" Acht Jahre überlebt - ohne Zuschüsse

BONN · Auf dem handgemalten Titel prangt unter dem bunten Titel "Exot" eine unförmige Gestalt. Missmutig scheint sie sich über diese 16. Ausgabe der in Bonn produzierten "Zeitschrift für komische Literatur" am wenigsten amüsieren zu können.

 Die Macher des "Exoten": Francis Kirps (links) und Anselm Neft.

Die Macher des "Exoten": Francis Kirps (links) und Anselm Neft.

Foto: Barbara Frommann

Dabei hätte das strichmundige Wesen von Illustratorin Nadia Budde, würde es in diesem handlichen Taschenbuch nicht weiterblättern, echt 'was verpasst. Zum Beispiel die satirische Abrechnung des Bonner Schriftstellers Anselm Neft mit der Angst der Deutschen, dass sich Massen von "lebensfrohen Afrikanern", die "Schlingel von Lampedusa", hier, als Flüchtlinge getarnt, ein "luxuriöses Leben in der sozialen Hängematte" gönnten.

Pro gutem deutschen Bürger komme er "derzeit auf 0,001 Fremdländer", zählt Neft nach. Diesen "Flüchtlingswahnsinn" finanziere der Deutsche mit satten elf Euro pro Jahr. Aber Gott bewahre, keinen Euro wolle der Deutsche dazulegen, lauteten Umfrageergebnisse.

Verpasst hätte die Titelfigur bei dieser genreübergreifenden Anthologie auch "Die Hans-Riegel-Saga" von Francis Kirps, die der Luxemburger Geschichtenschreiber kürzlich unter großem Hallo auf der Lesebühne "Ferkel im Wind" zum Besten gab. Kirps gründet das deutsche Wirtschaftswunder höchst amüsant auf den bahnbrechenden Erfolg des Kessenicher Goldbären-Papstes, dessen Gelatine-Humunculi die damalige Bundeshauptstadt "vom hässlichen Moor-Entlein zum stolzen Rhein-Schwan" entwickelt hätten.

In einer Reihe steht dieser Beitrag auch mit denen von Ella Carina Werner über den Wahnsinn der "Satiretheorie in der DDR" und einer Rezension von Lino Wirag. Von "Deutschlands führendem FAZ- und Faxenmacher" Frank Schirrmacher bleibt bei diesem Totalverriss erbarmungslos witzige acht Seiten lang nicht viel übrig.

Neft, Kirps, Werner und Wirag sind denn auch die Herausgeber dieser seit 2005 halbjährig publizierten einzigen deutschen Zeitschrift für komische Literatur. "Sie spürt den komischen Formen in der jüngeren deutschsprachigen Literatur nach. Unsere Autoren sind von Lesebühnen und Poetry Slams bekannt", erläutert Anselm Neft.

Man fische aber auch die humorvollen Vertreter der E-Literatur ab. "So finden sich also auch preisgekrönte Dichterinnen wie Marjana Gaponenko und Nora Gomringer bei uns, Studentinnen des Literaturinstitutes Leipzig wie Johanna Maxl oder Tina Ilse Gintrowski oder Titanic-Satiriker wie Gunnar Homann." Auch Romanautoren wie Stefan Wimmer oder Katrin Seddig sowie junge "Slam-Wüstlinge" wie Andy Strauss und Altstars wie Eugen Egner, Thomas Gsella und Frank Schulz publizierten im Bonner "Exot".

Neft hat die Rubriken Feuilleton, Kurzgeschichten, Theorie und Kritik sowie Gedichte eingerichtet. Sie leben auch von den vielen Illustrationen und Cartoons von bekannten Zeichnern wie Katharina Greve oder Leo Riegel. "Mehr als einmal haben wir schon Texte von Menschen veröffentlicht, die dann bald danach mit Preisen auf sich aufmerksam machen konnten - also so, wie es sich für eine Literaturzeitschrift gehört", ist Neft stolz.

Das Blatt bringt nun auch E-Book-Versionen heraus. Neft: "Und nicht zuletzt: Der Exot schafft es seit über acht Jahren, ohne Zuschüsse zu überleben."

Das Exot-Magazin

Der "Exot" wird in einer Auflage von 400 Exemplaren in Kooperation mit "Titanic" und dem Satyr-Verlag in Bonn herausgegeben. Ein Abonnement für jährlich 24 Euro inklusive Porto bei vier Ausgaben ist über die Webseite www.exot-magazin.de zu beziehen.

2006 landete der "Exot" mit einer Neuauflage der Paulusbriefe im Stil von Robert Gernhard ("Paulus schrieb an die Apatschen: Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen") einen besonderen 2000-Zuschriften-Coup.

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