Urteil in Bonn 22-Jährige schickte 15-Jährige auf den Strich

BONN · Clara war 15, als sie im März 2012 eine damals 22-Jährige kennenlernte. Sie war zu Hause weggelaufen, hatte große psychische Probleme, und die junge Frau kümmerte sich um sie. Schließlich vertraute Clara der 22-Jährigen völlig, tat alles, was die ihr riet.

Und als diese sie auf den Strich schickte, tat sie auch das. Erst nach drei Monaten war der Spuk vorbei, und nun steht die heute 24-Jährige wegen Zuhälterei und schweren Menschenhandels vor dem Schöffengericht.

Was die selbst noch junge Angeklagte dazu gebracht hat, ein junges Mädchen so auszunutzen, bleibt ihr Geheimnis. Sie sagt im Prozess kein einziges Wort. Über sie ist nur bekannt, dass sie als Reinigungskraft tätig sein soll und zwei Mal wegen Verkehrsdelikten aufgefallen ist.

Den Ermittlungen zufolge lernte Clara die Angeklagte durch einen gemeinsamen Bekannten kennen und vertraute ihr bald völlig. Laut Anklage soll Clara, die mit 14 das erste Mal von zu Hause ausriss, weil sie familiäre Veränderungen nicht ertrug, in falsche Kreise und an Drogen geraten sein. Sie stand auch unter Drogeneinfluss, als die Angeklagte sie zu Männern brachte zwecks Sexualverkehrs - nicht für Geld, sondern für Drogen als Bezahlung. Mit Beginn der Schulferien im Juli 2012 soll die Angeklagte das Mädchen auf den Bonner Straßenstrich geschickt haben. Laut Anklage versorgte sie die Minderjährige mit Kondomen, kontrollierte sie regelmäßig telefonisch und kassierte die Hälfte der Einnahmen.

Schließlich sammelte das Ordnungsamt Clara ein und brachte sie zurück zu ihrer Mutter. Doch das Mädchen lief wieder weg, und in ihrer Verzweiflung meldete die Mutter Clara im September 2012 als vermisst. Was die Tochter trieb, ahnte sie nicht. Kurze Zeit später aber rief Clara plötzlich ihren Freund an und sagte: Es sei ihr alles zu viel, die Angeklagte wolle sie woanders hinbringen, das wolle sie aber nicht. Und sie kam zurück nach Hause.

Zunächst schützte die Jugendliche die Angeklagte, nannte sie eine "mütterliche Freundin". Zum Prozess wollte sie erst nicht kommen, doch nun räumt sie im Zeugenstand ein: Ohne die Angeklagte wäre sie nicht auf die Idee gekommen, auf den Strich zu gehen. Aber wirklich reden über das, was ihr passiert ist, will sie nicht, es belaste sie zu sehr. Sie wolle alles nur noch hinter sich lassen. Zurzeit wird Clara stationär in einer Klinik behandelt.

Am Ende des Prozesses bestätigt die Angeklagte die Vorwürfe mit einem knappen Nicken - und wird zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und einem Kontaktverbot zu Clara verurteilt. Außerdem muss die 24-Jährige während ihrer dreijährigen Bewährungszeit jeden Monat 100 Euro als Schmerzensgeld an ihr Opfer zahlen. Richterin Gerlind Keller hält ihr vor: "Das ist eine schwere Straftat, die Sie begangen haben."

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