Fundsachen im Stadthaus versteigert 101 Fahrräder und ein Mofa - für deutlich mehr Geld als im Vorjahr

BONN · Schnäppchenjäger ersteigern im Auktionssaal des Stadthauses Drahtesel - selbst wenn sie fast auseinanderfallen.

 Während Karsten Kühne (l.) die Auktion leitet, hilft Fundbüroleiter Uwe Brenner (M.) einem Kollegen, Räder auf die Theke zu stellen. Fotos: Leif Kubik

Während Karsten Kühne (l.) die Auktion leitet, hilft Fundbüroleiter Uwe Brenner (M.) einem Kollegen, Räder auf die Theke zu stellen. Fotos: Leif Kubik

"Hand runter und Geldbeutel raus", triezt Karsten Kühne die junge Frau scherzhaft. Die neue Fahrradbesitzerin war dem Auktionator etwas zu zögerlich, nachdem sie per Handzeichen den Zuschlag für ihr neues Gefährt erhalten hatte. Wie in den vergangenen Jahren auch hatte das städtische Fundbüro zu einer reinen Fahrradauktion eingeladen, und zahlreiche potenzielle Käufer hatten sich pünktlich um 8 Uhr morgens im Stadthaus eingefunden, um die zur Versteigerung anstehenden Drahtesel zunächst in Augenschein und später womöglich in Besitz zu nehmen.

"101 Fahrräder und ein Mofa haben wir heute an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht", fasst Kassenwart Juri Breinlinger den Erfolg nach der Versteigerung zusammen. "4885 Euro gehen als Erlös auf das Konto der Stadt." Es sei denn, einer der Eigentümer taucht auf und kann den Besitznachweis erbringen: "Dann bekommt er den bei der Auktion für sein Rad erzielten Gewinn natürlich von uns ausbezahlt", ergänzt Fundbüroleiter Uwe Brenner.

Und die erzielten Preise sind deutlich höher als in den vergangenen Jahren: "Heute wird im Schnitt das Doppelte dessen, was im letzten Sommer üblich war, aufgerufen", findet zum Beispiel Paimann Hannan, der am Morgen den ersten Zuschlag erhalten hatte - 140 Euro hat ihn sein neues Mofa gekostet. "Das war dennoch ein echtes Schnäppchen", freut er sich. "Das kann ich locker für 250 Euro verkaufen, nachdem ich es repariert und ein bisschen aufgehübscht habe."

Auch Auktionator Kühne sieht die Preise in diesem Jahr deutlich über dem Vorjahresniveau: "Da ging ja heute nicht ein einziges Rad im einstelligen Bereich über die Theke." Tatsächlich - eines der letzten Stücke bricht bei der Präsentation fast zusammen: "Jetzt habt ihr es ganz kaputt gemacht", tadelt der Auktionator seine beiden Kollegen scherzhaft, als die einen ziemlich elendig aussehenden Drahtesel auf die Theke stellen. "Wer bietet einen Euro für diesen Schrotthaufen", beginnt er die Versteigerung. Mehr als ein Interessent offenbar, denn nach einer knappen Minute erhält ein Mann den Zuschlag für 13 Euro - den niedrigsten Preis an diesem Vormittag.

Ein halbes Jahr bewahrt das Fundbüro die Fahrräder auf, die entweder von Bürgern im Stadtgebiet gefunden oder vom Ordnungsamt sichergestellt worden sind. Wenn sich nach dieser Zeit kein Eigentümer gemeldet hat, landen die Drahtesel unter Kühnes (Auktions-)Hammer. "Auch von der Polizei bekommen wir regelmäßig sichergestellte Räder", so der Vollzugsbeamte. 340.000 Fahrraddiebstähle wurden im vergangenen Jahr in ganz Deutschland erfasst - ein Plus von über sieben Prozent.

Offenbar wächst die Diebstahlquote entsprechend der Beliebtheit des Fortbewegungsmittels, und im Sommer hat der Fahrradklau Hochsaison. Das ist auch der Grund für Chiara Milaneses Besuch im Stadthaus: Für 71 Euro hat sich die 56-jährige Italienischlehrerin ein neues Damenfahrrad zugelegt. "Mein altes Gefährt ist mir mal wieder geklaut worden. Das war bereits das dritte Mal."

Die nächste Auktion des städtischen Fundbüros findet am Dienstag, 20. Oktober, ab 8 Uhr wieder im Auktionsraum neben dem Fundbüro im Stadthaus statt. Dann stehen neben Rädern auch wieder andere Fundsachen zur Versteigerung an.

Kurz gefragt

Karsten Kühne (50) ist Vollziehungsbeamter bei der Stadtkasse und arbeitet bereits seit zehn Jahren als Auktionator bei städtischen Auktionen.

Wie oft gibt es die Fahrradauktionen hier im Stadthaus?
Karsten Kühne: Wir halten so eine Auktion nur für Fahrräder einmal jährlich ab. Die Drahtesel stapeln sich hier sonst irgendwann dermaßen, dass sich die Kollegen kaum noch bewegen können. Die regelmäßigen Versteigerungen von Fundsachen aller Art - inklusive Fahrrädern - veranstalten wir allerdings öfter: Zwischen fünf- und sechsmal im Jahr.

Gab es Besonderheiten in diesem Jahr?
Kühne: Die Preise, bei denen der Zuschlag erteilt wurde, lagen in diesem Jahr deutlich über den Vorjahren. Dass es nicht ein einziges Gebot im einstelligen Bereich gab, ist schon auffällig. Auch das Höchstgebot von 175 Euro kann sich ja sehen lassen. Wir hatten zwar in den vergangenen Jahren auch schon Einzelstücke, die für über 300 Euro weggingen, aber dann waren die Gebote im Durchschnitt deutlich geringer.

Machen Sie den Job als Auktionator eigentlich gerne?
Kühne: Und ob! Das ist eine wunderbare Abwechslung zu meinem sonstigen Berufsalltag. Und als Auktionator ist man ja nicht nur Verkäufer, sondern immer auch ein Stück weit Entertainer."

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