Flüchtlinge: Land wälzt Kosten auf Stadt ab Bonn zahlt 19 Millionen Euro, NRW trägt davon nur 38 Prozent

BONN · Eine Welle der Hilfsbereitschaft bei den Bürgern, engagierter Einsatz bei den Behörden: Auch Bonn rückt zusammen, um den immer weiter wachsenden Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen und Hunderten von Menschen zu helfen. Bei der Finanzierung dieser Aufgabe lässt das Land NRW die Kommunen allerdings weitgehend allein.

Vor einigen Wochen renovierten Handwerker die Pestalozzi-Schule vor allem wegen des Brandschutzes, damit dort Flüchtlinge einziehen konnten. In den Klassenräumen stehen nun Feldbetten.

Vor einigen Wochen renovierten Handwerker die Pestalozzi-Schule vor allem wegen des Brandschutzes, damit dort Flüchtlinge einziehen konnten. In den Klassenräumen stehen nun Feldbetten.

Foto: Nicolas Ottersbach

Schon jetzt ist klar, dass die Kosten in diesem Jahr stark steigen. Die Stadt zahlt zum Beispiel für Transferleistungen, Krankenhilfe, Unterkunft, Betreuung von unbegleiteten Jugendlichen sowie Sozialarbeit und medizinische Versorgung in den Sammelunterkünften. Im Moment bringt die Kommune etwa 1280 Flüchtlinge unter, davon 565 in Übergangswohnheimen, 564 in Wohnungen und 154 in Hotels. Die Hotelkosten liegen im Schnitt bei 972 Euro pro Person und Monat.

Im Jahr 2014 musste Bonn für die Flüchtlingshilfe noch rund 11,73 Millionen Euro aufwenden. In diesem Jahr rechnet die Stadt nach Angaben des Presseamtes mit einem Anstieg auf knapp 19 Millionen Euro. Anders als andere Bundesländer trägt NRW bisher nur einen geringen Teil dieser Aufwendungen. Zwar bessert Düsseldorf gerade nach. Doch auch nach der Novellierung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes NRW wird das Land nach einer städtischen Prognose in diesem Jahr nur knapp 38 Prozent der anfallenden Kosten schultern - rund 7,1 Millionen von 19 Millionen Euro.

Den Rest muss die mit 1,7 Milliarden Euro verschuldete Kommune selbst schultern. Im nächsten Jahr geht die Stadtverwaltung von einer stärkeren Unterstützung aus, denn dann stockt die Landesregierung die Mittel für die Flüchtlinge für ganz NRW auf 1,2 Milliarden Euro auf (2015: 432 Millionen Euro).

Die Frage wird allerdings sein, ob die Landesmittel reichen, um weiter steigende Flüchtlingszahlen auszugleichen. Auch Bonn fordert deshalb, dass das Land mit Hilfe des Bundes alle Kosten komplett erstattet. "Eine nie gekannte Zahl von Menschen sucht auch in unserer Stadt Zuflucht vor Krieg und Verfolgung", sagt Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit. "Ich erwarte, dass die großen Anstrengungen in Bonn durch umfassende Hilfsmaßnahmen des Bundes und des Landes NRW unterstützt werden. Wir werden zusammenrücken und diese große Herausforderung mit vereinten Kräften meistern." Die Planungen des Landes und des Bundes müssten den aktuellen Prognosen angepasst werden, nach denen NRW 2015 bis zu 170.000 Flüchtlinge aufnehmen werde, so die Dezernentin.

Der Bund müsse sich "strukturell, dauerhaft und dynamisch" an den kommunalen Kosten beteiligen. Die große Koalition in Berlin hat beschlossen, die Bundesmittel für Flüchtlinge 2016 um sechs Milliarden Euro aufzustocken. Die Hälfte davon soll an Länder und Kommunen gehen. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat diese Woche bereits erklärt, dass sie diese Erhöhung nicht für ausreichend halte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort