Infotag in der LVR-Klinik Kabarettist Willibert Pauels berichtet über seine Erfahrungen

BONN · Schwarzes Hütchen, Brille und rote "Pappnas" - das ist oder besser war "Ne bergische Jung". Kurz vor der Session 2013/14 mit fast 300 geplanten Auftritten nahm der Kabarettist und Diakon Willibert Pauels nach 17 Jahren Abschied von der Bütt im rheinischen Karneval, weil er unter Depressionen litt.

 Zwischen Ernsthaftigkeit und Humor: Willibert Pauels (rechts) spricht öffentlich über seine seelische Erkrankung. Links Klinikdirektor Professor Markus Banger.

Zwischen Ernsthaftigkeit und Humor: Willibert Pauels (rechts) spricht öffentlich über seine seelische Erkrankung. Links Klinikdirektor Professor Markus Banger.

Im Gespräch mit dem Ärztlichen Direktor der LVR-Klinik, Professor Markus Banger, berichtete er am Informationstag am Samstag, zwischen Ernsthaftigkeit und Humor wechselnd, über seine seelische Erkrankung. Seit seiner Kindheit habe er unter unbegründeten Ängsten und tiefer Traurigkeit gelitten. "Ich hatte dann das Gefühl, dass mich aus der Dunkelheit ein schwarzer Hund anspringt", erzählte er.

Im vorigen Jahr habe er sich endlich Hilfe gesucht und acht Wochen in der psychiatrischen Klinik in Neuss verbracht. "Eine der besten Entscheidungen meines Lebens", sagte Pauels. Konkret geholfen hätten ihm zum einen ein Antidepressivum, zum anderen ein Wechsel der Perspektive: Man könne die Dinge nicht ändern, aber mit einem guten Psychiater trainieren, sie anders zu sehen. "Ich habe die Therapie in der Klinik als Befreiung erfahren und möchte den Menschen Mut machen, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen", schloss Pauels, bevor er sich verabschiedete - natürlich mit einem Witz.

Weiter ging es mit Vorträgen von Chefärzten der verschiedenen Abteilungen der Klinik, die sich unter anderem mit Themen wie die Depressionsbehandlung in den Kliniken des Landschaftsverbands Rheinland, Zwangsstörungen oder Depressionen im Alter beschäftigten.

Zum Abschluss der Veranstaltung berichtete Janine Berg-Peer, bei deren Tochter mit 17 Jahren Schizophrenie festgestellt wurde, über das Leben mit ihrem Kind und den Kampf um dessen Wohl. Ihre Erfahrungen hat sie in ihrem Buch "Schizophrenie ist Scheiße, Mama" beschrieben. "Ich habe auch erlebt, dass wir lernen können, mit seelischen Krankheiten umzugehen und dass die Diagnose ?psychisch krank? nicht immer ein lebenslanges Leid bedeuten muss", sagte sie.

Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenie gehören zu den Volkskrankheiten. Mindestens 40 Prozent aller Deutschen sind im Laufe ihres Lebens von einer psychischen Erkrankung betroffen. Obwohl sich das Ansehen der Psychiatrie verbessert hat, ist die Stigmatisierung von Menschen, die an einer seelischen Krankheit leiden laut einer Studie zwischen 1991 und 2011 kaum zurückgegangen. Noch immer fällt es den Betroffenen schwer, darüber zu sprechen, weil sie sich als Versager fühlen, sich schämen und Angst vor Spott, Häme und sozialer Isolation haben. "Die meisten sind freiwillig bei uns", sagte Banger. "Sie finden sich in der Alltagswelt nicht mehr zurecht und suchen Schutz."

In der Cafeteria konnten sich die Besucher weiter informieren. Schnupperkurse zu Bewegungstherapie und Akupunktur rundeten das Angebot ab.

Nachgefragt

Professor Markus Banger ist seit 2001 Chefarzt der Abteilung Abhängigkeitserkrankungen und Psychotherapie. Seit drei Jahren steht er als Ärztlicher Direktor an der Spitze der LVR-Klinik Bonn. Mit ihm sprach Ulrike Brandt-Schwarze.

Welchen Schwerpunkt haben Sie bei dem diesjährigen Informationstag gesetzt?
Prof. Markus Banger: Wir wollten ein Beitrag zur Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen leisten. Noch immer sehen sich betroffene Menschen ja häufig Unverständnis, wenn nicht gar Ablehnung gegenüber. Der Informationstag schließt die "Frühjahrspsychiatrietage Bonn/Rhein-Sieg 2014" ab. Zu der ersten Veranstaltung Mitte Februar in der Beethovenhalle kamen fast 300 Fachbesucher - Ärzte, Therapeuten, Sozialarbeiter und andere. Das Netzwerk wächst - und damit hoffentlich auch das Bewusstsein der Öffentlichkeit.

Wie viele Klienten werden in der Klinik behandelt?
Banger: Die LVR-Klinik Bonn besteht aus acht Abteilungen mit über 800 stationären und teilstationären Behandlungsplätzen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Pro Jahr behandeln wir rund 12 000 Klienten. Hinzu kommen noch einmal etwa 15 000 ambulant behandelte Klientinnen und Klienten.

Kommen die Klienten alle aus dem Bereich Bonn?
Banger: Nein. Wir übernehmen ja nicht nur die Versorgung der Stadt Bonn, sondern auch von Wesseling und dem Rhein-Sieg-Kreis. Wichtig sind uns auch Angebote nah am Menschen: Wir haben Dependancen in Meckenheim, Eitorf, Euskirchen und im Bonner Johanneshospital, die eine stationäre, tagesklinische oder ambulante Behandlung zur Verfügung stellen.

Für die Angehörigen ist es ja eine große Herausforderung, wenn ein Familienmitglied psychisch erkrankt. Welche Unterstützung bieten Sie da?
Banger: Dafür gibt es unser Angebot der "Familialen Pflege". Damit beraten und begleiten wir Menschen, die ihre psychisch erkrankten Angehörigen pflegen und betreuen. Dann gibt es die zweimal im Monat stattfindende Angehörigen-Gruppe, bei der sich die Menschen mit anderen, die sich in der gleichen schwierigen Lage befinden, austauschen können. In einer Situation, in der die Normalität zusammenbricht, kann das sehr hilfreich sein.

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