Schwerbehindertes Mädchen besucht die inklusive Trinitatis-Kita "Wir sind froh, dass Julia hier sein kann"

Bonn · Vorsichtig hebt Julia ein Bein nach dem anderen, um über den dicken Holzstamm zu steigen. Der Dreieinhalbjährigen macht das Klettern sichtlich Spaß. Allerdings ist es eine riesige Kraftanstrengung für das Kind. Julia ist schwer körperbehindert. Sie kam mit einem halben Herzen zur Welt und kann nach vier Operationen zurzeit ohne Sauerstoffzufuhr nicht leben. Dass sie wieder mit vielen anderen Altersgenossen im Garten der Kindertagesstätte der evangelischen Trinitatiskirchengemeinde spielen kann, das hätten ihre Eltern Eva und Jürgen Donath vor wenigen Wochen nicht geglaubt.

Ganz gespannt beobachtet Julia (links neben Erzieherin Kerstin Bremer) mit den anderen Kindern, was der Junge mit dem Schuh in der Hand gleich anstellen wird.

Ganz gespannt beobachtet Julia (links neben Erzieherin Kerstin Bremer) mit den anderen Kindern, was der Junge mit dem Schuh in der Hand gleich anstellen wird.

Foto: Horst Müller

Schon vor Julias Geburt war den Donaths klar, es kommt eine schwere Zeit auf sie zu. "Wir gingen damals aber nur von zwei Operationen aus", sagt der Vater. Als Julia zwei war, meldeten die Eltern die Kleine trotz ihrer schweren Behinderung in der Trinitatis-Kita an. Sie wollten das Kind ganz bewusst in einer klassischen Einrichtung betreut wissen. Zumal die Familie seit Jahren fest in der Gemeinde verwurzelt ist und die beiden älteren Töchter Hannah (8) und Miriam (6) ebenfalls die Kita besucht haben und jetzt in Endenich in die Grundschule gehen. "Für uns war das Leben mit einem behinderten Kind ja längst zur Normalität geworden, deshalb haben wir gar nicht an eine heilpädagogische Einrichtung gedacht", erinnert sich Jürgen Donath.

Die Aufnahme Julias setzte die Zustimmung aller Erzieherinnen voraus. Obgleich sie damals noch nicht auf ein Sauerstoffgerät angewiesen war und man ihr ihre Behinderung kaum anmerken konnte, erinnert sich Stephanie Schneiders, stellvertretende Leiterin der Kita: "Wir sind ja keine integrative Einrichtung, aber wir haben uns dennoch auf den Weg zur Inklusion gemacht", erklärt die Pädagogin. In jeder der drei Gruppen wird zurzeit ein sogenanntes Integrationskind betreut, darunter die zweieinhalbjährige Maja, ein Kind mit Downsyndrom. "Wir gucken, was wir leisten können", so Schneiders, "doch leider können wir nicht alle, die gerne einen Platz hätten, aufnehmen."

Voll unterstützt wird die Tagesstätte auf diesem Weg von der Gemeindeleitung. Denn für Pfarrer Uwe Grieser ist Inklusion genau der richtige Weg, den die Gesellschaft gehen muss. "Das ist sicher ein Lernprozess für alle, aber diese Entwicklung ist überfällig", meint er. Allerdings benötige Inklusion noch weitere Förderprogramme, damit die Rahmenbedingungen stimmten. "Da hinken wir noch hinterher", sagt Grieser. Und: "Menschen zu separieren ist nicht segensreich. Diese Kinder sind ein Gewinn für unsere Einrichtung."

Weil für Julia nach der letzten Operation im Februar, bei der es für das Kind um Leben und Tod ging, der Antrag auf Einzelintegration endlich genehmigt wurde, steht dem Kita-Team mit Kerstin Bremer neuerdings eine junge Erzieherin zur Seite, die sich ausschließlich um das Mädchen kümmert. Die 21-Jährige folgt dem Kind auf Schritt und Tritt. Denn sie trägt auf ihrem Rücken den Rucksack mit dem Sauerstoffgerät, das mit einem langen Schlauch mit der Sauerstoffmaske verbunden ist, die Julia fast ständig aufhaben muss. Zudem hat Bremer eine umfassende Schulung im Umgang mit dem kranken Mädchen erhalten. Die Erwachsenen wissen: Ohne diese zusätzliche Kraft wäre die Betreuung Julias in der Trinitatis-Kita nicht mehr möglich gewesen. "Wir sind froh, dass Julia hier sein kann. Sie wird gut gefördert und hat viel mehr Entwicklungsmöglichkeiten als zu Hause" , ist Jürgen Donath überzeugt.

Majas Mutter, Nadine Krabbe, sieht das genauso. "Ich habe mir von Anfang an gewünscht, dass Maja ihren Weg so normal wie möglich gehen kann", sagt die Mutter des Kindes mit Downsyndrom, "und ich sehe, das kann sie hier." Für Schneiders ist das nicht erstaunlich: "Die Kinder haben doch am wenigsten Probleme damit, Inklusion zu leben", sagt sie.

Die Eltern von Julia Donath engagieren sich in der Fördergemeinschaft Deutsche Kinderherzzentren, die gut gebrauchte Schuhe zum Verkauf sammelt und mit dem Erlös verschiedene Förderprojekte für am Herzen erkrankte Kinder unterstützt.

Nähere Infos unter Tel. 0228/35 99 24 oder im Internet auf www.Kinderherzen.de

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