Der Münzschatz von Spay im LVR-Museum Vier Herrscher in einem Topf

BONN · Der Schatz von Spay ist kein Topf voll Gold, aber für die Numismatikerin Claudia Klages vom LVR-Landesmuseum trotzdem unbezahlbar. Denn wer auch immer den Tonkrug um 300 nach Christus in der Nähe von Bingen versteckt hat, hinterließ der Nachwelt einen einmaligen Blick in die römische Münzgeschichte.

 Die Münzen aus den Jahren 294 bis 299 werden im LVR-Landesmuseum ausgestellt. Sie wurden vor über 60 Jahren entdeckt.

Die Münzen aus den Jahren 294 bis 299 werden im LVR-Landesmuseum ausgestellt. Sie wurden vor über 60 Jahren entdeckt.

Foto: dpa

"Er wurde nie angerührt, die Münzen waren prägefrisch, sind kaum korrodiert und einzigartig gut erhalten", sagt Klages.

Bisher war nie völlig belegt, dass römische Bronzemünzen versilbert wurden. "Es konnte erstmals eine hauchdünne Silberschicht nachgewiesen werden, die sonst abgegriffen war", sagt Klages, die den Schatz im Museumslabor untersuchte.

Insgesamt sind es 859 Münzen, die fast ausschließlich aus der Prägestätte in Trier stammen, dieselbe Rückseite haben und zwischen 294 und 299 gefertigt wurden. Die Vorderseite zieren die vier römischen Herrscher der ersten römischen Tetrarchie: Diocletian, Maximilian, Constantius Chlorus und Galerius.

Jede Münze wiegt etwa zehn Gramm, zusammen sind es achteinhalb Kilogramm. "Ihr damaligen Wert lag bei etwa 26 römischen Pfund", erklärt Klages. Das entspricht dem Jahreslohn eines Arbeiters oder acht Verteidigungsreden eines Juristen. Heute werden die einzelnen Münzen auf dem Kunstmarkt mit bis zu 120 Euro gehandelt, allerdings in wesentlich schlechterem Zustand. "Das Museum hat wirklich ein Schnäppchen gemacht", so Klages.

Der genaue Kaufpreis darf nicht genannt werden, liegt laut Milena Karabaic, Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Rheinland, aber in Höhe eines "kleinen Mittelklasseautos".

Rätsel gibt noch immer der Kontext des Schatzes auf, obwohl der Topf bereits 1954 entdeckt wurde. Ein Mann hatte ihn laut eigener Aussage bei Erdarbeiten gefunden. "Wichtige Informationen bekommen wir nicht nur durch die Funde, sondern vor allem durch die Fundstellen", sagt Axel von Berg aus der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.

Man weiß lediglich, dass es rund hundert Meter entfernt einen Gutshof gegeben hat, dessen Überreste beim Bau der Bundesstraße 9 in den 1940er Jahren entfernt wurden. "Wir können ausschließen, dass es sich um ein Sparvermögen handelt", so Claudia Klages. Dann wären es nicht so viele gleiche Münzen gewesen, die vermutlich direkt nach ihrer Prägung von der Mosel an den Rhein gelangten.

Am wahrscheinlichsten sei die Variante einer Soldkasse, die der Eigentümer versteckt hatte. Offensichtlich so gut, dass niemand aus der Verwandtschaft darüber Bescheid wusste und er das Geheimnis mit ins Grab nahm.

Auch wenn es keine Hinweise auf Kriegshandlungen rund um den Fundort gibt - bei anderen Schätzen wird von Kriegern berichtet, vor denen die Bürger ihr Geld in Sicherheit bringen wollten - gilt das Ende des dritten Jahrhunderts als Umbruchzeit für das Römische Reich.

"Innere Kämpfe und äußere Bedrohungen hatten es bis dahin zermürbt", sagt Michael Schmauder vom Landesmuseum. Erst mit der Erhebung Diocletians zum Augustus im Jahr 284 begann eine Phase der Stabilisierung. Das lag auch an der neu eingeführten Tetrarchie, der Viererherrschaft: Anstatt dass ein Kaiser das riesige Reich regierte, verteilte er die Macht auf "Brüder", wie er sie nannte.

Der erste wurde 285 Maximianus, darauf folgten 293 Galerius und Constantius Chlorus. Letzterer herrschte von Trier und York aus über Gallien und Britannien, weshalb beispielsweise in Trier eine Münzprägestätte gegründet wurde. Gerade in Gallien galt die Sicherheitslage als prekär.

Große Banden entlaufener Soldaten und verarmter Bauern verheerten das Land, alemannische und fränkische Einfälle taten ihren Teil dazu. "Der Münzschatz von Spay hat eine herausragende und überregionale Bedeutung", sagt Axel von Berg. Er war es auch, der darauf hinwies, dass der Topf samt Inhalt aus dem Privatbesitz verkauft werden sollte.

Da seit September 2013 in NRW ein novelliertes Denkmalschutzgesetz gilt, können Finder eine Belohnung erhalten und solche Schätze durch Einrichtungen wie das Museum des Landschaftsverbands Rheinland gesichert werden. Die Summe orientiert sich nicht am Marktwert für Sammler, sondern am wissenschaftlichen Wert.

Das Geld für den jetzigen Ankauf kommt vom Landschaftsverband Rheinland. Der Münzschatz soll zudem in der Region bleiben: In den nächsten zwei Monaten wird er in Bonn zu sehen sein, im Frühsommer wird er dem Eifelmuseum in Mayen ausgeliehen.

Das LVR-Landesmuseum, Colmantstraße 14-16, hat dienstags bis freitags und sonntags jeweils von 11 bis 18 Uhr, sowie samstags von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

Archäologische Funde

Nicht nur Archäologen treffen im Rheinland regelmäßig auf Überreste vergangener Jahrhunderte, auch Privatpersonen machen immer wieder Entdeckungen. Meist passiert das zufällig, bei Bauarbeiten, beim Umgraben des Ackers oder Spaziergängen im Wald. Wer etwas findet, sollte sich sofort beim Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftverbands Rheinland melden. Wichtig ist dabei nicht nur der genaue Fundort, sondern auch alles, was darum liegt. Deshalb sollte man keine eigenen Ausgrabungen beginnen. Das Amt ist unter

Tel. 02 28/9 83 40 oder über die Seite www.bodendenkmalpflege.lvr.de zu erreichen.

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