Tag der offenen Moschee in Bonn Vertreter islamischer Gotteshäuser diskutieren mit Besuchern

BONN · "Islam und Extremismus - passt das? Nein, denn Extremismus ist laut Koran streng verboten." Mohamed Benhsain fand beim Tag der offenen Moschee in der Al-Ansar-Moschee am Freitag in Bad Godesberg klare Worte.

Mustafa Cadi reicht den Besuchern der Al-Ansar-Moschee marokkanisches Gebäck.

Mustafa Cadi reicht den Besuchern der Al-Ansar-Moschee marokkanisches Gebäck.

Foto: Ronald Friese

Sie kamen von jemandem, der mit dem Leipziger Imam Hassan Dabbagh als einer der bekanntesten Prediger des sogenannten Mainstream-Salafismus in Deutschland gilt. Der Mainstream-Salafismus grenzt sich in aller Regel vom Dschihad-Salafismus ab, gilt aber bisweilen als geistiger Wegbereiter für den militanten Salafismus.

Ganz offensiv hatte die Al-Ansar-Moschee den Tag der offenen Moschee unter das Motto Islam und Extremismus gestellt. "Uns erreichen aus Syrien und Irak Bilder, die unweigerlich zu Ängsten und Furcht führen", sagte Benhsain, 53. "Wir sind genauso über die Ereignisse bestürzt."

Es sei für die Muslime auch in Bonn eine echte Herausforderung, das Abgleiten von Jugendlichen in die extremistische und militante Szene zu verhindern. "Das hat uns in den letzten sieben, acht Jahren überrollt."

Offen und kritisch sprachen die Besucher das Thema Extremismus an: "Gibt es in Ihrer Moschee Unterwanderungsversuche von Extremisten? Und wenn ja, was tun Sie dagegen?" Benhsain: "Sie können niemanden daran hindern, hier zu beten. Aber sobald es klare Zeichen dafür gibt, dass Einzelne oder Gruppen andere beeinflussen wollen, unterbinden wir das."

Mustafa Cadi vom Träger der Al-Ansar-Moschee, dem Marokkanischen Kulturverein, stellte die Bemühungen vor, wie man präventiv auf Jugendliche einwirke. Dazu gehöre unter anderem ein wöchentlicher Jugendtreff, gemeinsame Unternehmungen wie Kicker- und Fußballturniere, aber auch ins Deutsche übersetzte Freitagspredigten, in denen immer wieder vor Extremismus gewarnt werde. "Wenn wir unsere Kinder nicht mehr erreichen, ist das eine Katastrophe", so Benhsain, der mit Dabbagh bundesweit Islamseminare leitet.

Auch in der Milli-Görüs-Moschee in der Maxstraße - die wie die Al-Ansar-, die Al-Muhajirin- und die Ditib-Moschee eingeladen hatte - kam das Thema Extremismus zur Sprache. Nach anfänglicher Zurückhaltung sprachen einige der rund 40 Besucher auch so heikle Themen wie drakonische Strafen der Scharia oder den Dschihad an.

"Manch ein Begriff ist für Nichtmuslime unklar, zum Beispiel das Wort Dschihad", kritisierte ein älterer Besucher. Mesud Gülbahar, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit in der Moschee in der Altstadt, beklagte daraufhin, dass "die Medien Begriffe wie Islamisten und Dschihadisten verwenden" und dadurch Begriffe wie Islam und Dschihad einen negativen Beigeschmack bekämen. Dabei habe Dschihad in erster Linie die Bedeutung der religiösen Anstrengung: "Was ich hier gerade mache, Ihnen den Islam vorzustellen, ist Dschihad", sagte Gülbahar mit einem Augenzwinkern.

Wie Cadi von der Al-Ansar-Moschee betonte auch Gülbahar: "Wir versuchen unseren Jugendlichen klarzumachen, dass sie Teil dieser Gesellschaft sind und diese aktiv mitgestalten können." Denn beide sehen die größte Gefahr der Radikalisierung in der Perspektivlosigkeit von Jugendlichen. Auf die Frage, warum sich Muslime nicht öfter öffentlich von Extremismus distanzierten, sagte Cadi: "Wir haben das zuletzt wieder getan. Aber solche Dialogveranstaltungen wie heute sind besser als alle Verlautbarungen."

Mit Bedacht gewählt

Der Tag der offenen Moschee ist ein seit 1997 bestehender Veranstaltungstag, der immer am Tag der Deutschen Einheit stattfindet. Das Datum wurde laut Zentralrat der Muslime bewusst gewählt, um das Ziel einer religionsübergreifenden Verständigung zu verdeutlichen. Zudem soll das Selbstverständnis der Muslime, Teil deutschen Staates zu sein, zum Ausdruck gebracht werden.

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