Bonner Frisöre schneiden Flüchtlingen die Haaree "Undercut" für Neuankömmlinge

BONN · Lautes Stimmengewirr übertönt die Musik aus dem CD-Player. Die Bewohner der Ermekeilkaserne sind aufgeregt, denn im Treppenhaus von Haus 6 werden sie frisiert. Immer der Reihe nach: Die Nummern hat man ihnen mit Kuli auf die Hände geschrieben.

 Deyar Jamo (rechts) und weitere Friseure schneiden Flüchtlingen in der Ermekeilkaserne die Haare.

Deyar Jamo (rechts) und weitere Friseure schneiden Flüchtlingen in der Ermekeilkaserne die Haare.

Foto: Stefan Knopp

Zehn Stühle stehen dort im Halbkreis, und an ihnen wird im Akkord rasiert, geschnitten und gestutzt. Dafür opfern Friseure aus mehreren Bonner Läden den eigentlich freien Sonntag.

Das machen sie zum zweiten Mal, und beim ersten Termin im September fand diese Aktion einen solchen Anklang, dass Deyar Jamo und die anderen gerne wiederkommen. Jamo vom "Golden Scissors" in Poppelsdorf hatte die Idee. "Drei Flüchtlinge waren bei mir im Salon und sagten, wir wollen gerne die Haare geschnitten haben, aber wir haben kein Geld dabei."

Sie seien gerade seit drei Tagen in der Ermekeilkaserne und hätten vorher eine dreimonatige Reise hinter sich gebracht. "Da habe ich gesagt, setzt euch hin, ich schneide euch die Haare."

Das Thema habe ihn danach beschäftigt. Jamo beschloss, ein Team mit Friseuren aus anderen Salons zusammenzustellen und in die Kaserne zu gehen. Auch vorher war er schon alleine unterwegs, schnitt Senioren und körperlich eingeschränkten Menschen die Haare.

Arbeit im Akkord

Es ist Arbeit im Akkord. Ganz ausgefallene Wünsche kann das Team in der kurzen Zeit nicht erfüllen - aber das müssen sie auch nicht. "Die meisten, die aus arabischen Ländern kommen, dürfen keine auffällige Frisur haben. Dann kommen die hierhin und fragen, was ist in Europa so toll?" Es ist Undercut - Seiten kurz und oben lang, Stufenschnitt, das ist so ausgefallen nicht. "Aber für die ist das neu und modern."

Die Flüchtlinge würden das auch auf Facebook posten, "als crazy style, obwohl das für uns ganz normal ist". Für diese Frisuren brauche man auch keinen Spiegel - dafür wäre auch gar kein Platz. "Das soll eine regelmäßige Sache werden", so Jamo. Er hat ein Anliegen: "Ich wünsche mir, dass mehr Friseure mitmachen und mich noch mehr unterstützen."

Wer mithelfen möchte, kann sich per E-Mail an Deyarjamo43@ gmail.com melden.

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